Microsoft hat dem Führungsduo seiner Entertainment und Devices-Abteilung die Tür gewiesen. J Allard, seines Zeichens Chief Experience Officer und Chief Technology Officer, und President Robbie Bach müssen den Konzern verlassen (der WebStandard berichtete). Seitens Microsoft heißt es, dass sich Bach in den Ruhestand zurückziehen wolle. Doch in der Branche wird eher der Mangel an erfolgreichen Produkten als Grund gehandelt.
Windows Mobile fällt hinter Android
Microsofts 2005 gegründete Gadget und Smartphones-Sparte hat mit der Xbox zwar einen Platzhirschen am Gaming-Markt, schaffte es bislang jedoch nicht, erfolgreiche Konkurrenten gegen Apples iPod, iPhone und iPad auf den Markt zu bringen. Seit auch Google mit Android den Smartphone-Markt erklimmt, scheint in Redmond Panik aufzukommen. Windows Mobile ist im ersten Quartal des Jahres laut Gartner auf Platz fünf abgerutscht und liegt nun mit 6,8 Prozent Marktanteil direkt hinter Android, das seine Anteile von 1,6 Prozent im ersten Quartal 2009 auf 9,6 Prozent ausbauen konnte. Angeführt wird der Markt von Symbian, Blackberry - beide verloren Anteile - und dem iPhone OS, das weiter dazugewinnen konnte.
Windows Phone 7 und KIN
Microsoft hofft mit Windows Phone 7 am Smartphone-Markt wieder dazu gewinnen zu können. Die ersten Handys mit dem Betriebssystem, das im Februar auf dem Mobile World Congress in Barcelona präsentiert wurde, sollen im Herbst auf den Markt kommen. Die Chancen des Handy-Systems jetzt schon abzuschätzen, ist schwierig. Im Vorfeld wurde beispielsweise bekannt, dass es keine Copy-and-Paste-Funktion geben wird. Microsoft wechselt von einem System, das die Installation von Software aus mehreren Quellen zulässt, zu einem geschlossenen App Store. Zudem erlaubt das Unternehmen keine nativen Anwendungen auf Windows Phone 7, weshalb bereits Mozilla angekündigt hat, dass es keinen Firefox Mobile dafür geben wird. Microsofts zweiter Angriffsversuch auf iPhone und Android - das KIN-Handy - fiel in ersten Tests durch.
Kein Mittel gegen iPod und iPad
Wenig Erfolg konnte Microsoft bislang auch mit dem Zune-Player verbuchen. Zwar wurden Hardware und Software des Zune HD in Tests immer gelobt und als dem iPod ebenbürtig, wenn nicht überlegen beurteilt. Allerdings hat es der Konzern bislang verabsäumt, die Player weltweit auf den Markt zu bringen. Als Konkurrenz zum iPad hatte Microsoft zwar das Courier mit zwei Displays in Planung. Ende April hatte das Unternehmen jedoch erklärt, dass es sich dabei nur um eine Design-Idee gehandelt habe und das Tablet in der Form nicht auf den Markt kommen werde. Vorerst können die Redmonder nur mit Windows 7 am Tablet-Markt mitmischen. Doch auch hier zeichnet sich eine Favorisierung der Hersteller für Android ab.
Trends verpasst
Microsofts Hauptproblem scheint der langjährige Fokus auf Business-Produkte zu sein, erklärt Analyst Michael Gartenberg von der Altimeter Group gegenüber dem Wall Street Journal (WSJ). Microsoft sei bereits vor Apple in diesen Märkten aktiv gewesen. Apple habe den Redmondern jedoch das Ruder aus der Hand genommen. Windows Mobile unterstützt beispielsweise schon lange Touchscreens, doch erst Apple hat diese Eingabemethode 2007 mit dem ersten iPhone auf den Massenmarkt gebracht.
Kehrtwende
Interimistisch übernimmt CEO Steve Ballmer ab 1. Juli das Ruder, um die verpassten Chancen doch noch ergreifen zu können. Ob das von Erfolg gekrönt sein wird, bleibt abzuwarten. Bereits 2008 krempelte der Konzern seine Handy-Sparte vollkommen um. Laut dem WSJ-Bericht soll damals eine neu entwickelte Version des Handy-Betriebssystems eingestellt worden sein, da sie dem Konzern nicht konkurrenzfähig genug erschien. Diese Entscheidung warf Microsoft in der Entwicklung jedoch Monate zurück. 2009 wurde Windows Mobile 6.5 als Zwischenversion eingeschoben, um den Herstellern bis zum Start von Windows Phone 7 eine Alternative bieten zu können. Wichtige Microsoft-Partner wie Motorola und HTC sind inzwischen jedoch auf den Android-Zug aufgesprungen. (Birgit Riegler/derStandard.at, 26. Mai 2010)