Wien - Die Österreichische Ärztekammer hat das Angebot der gewerblichen Sozialversicherung (SVA) für eine Vertragsverlängerung am Donnerstag brüsk zurückgewiesen. "Ein Moratorium ist unmöglich", sagte Vizepräsident Günther Wawrowsky in einer Pressekonferenz. Gegenüber der APA formulierte er sein Gegenangebot: SVA-Obmann Christoph Leitl müsse das im Herbst ausverhandelte und dann von der SVA verworfene Ergebnis akzeptieren. Nur dann ließe sich ein vertragsloser Zustand ab 1. Juni abwenden.

Wawrowsky ortete ein taktisches Manöver Leitls, das als "wirklich zynisch, wenn nicht frivol" zu bezeichnen sei. Empört zeigte er sich darüber, dass der SVA- und Wirtschaftskammer-Chef das Angebot via Medien unterbreitet habe - wobei er einräumte, dass es einen ähnlichen Vorstoß bereits in den Verhandlungen vor wenigen Tagen gegeben hatte. Inhaltlich wies Wawrowsky die SVA-Vorstellungen zurück. Diese wünsche sich "Managed Care", ein System, das in Deutschland "ganze Landstriche entarztet" habe: "Das kann man nur ablehnen."

Ärztekammer fordert von SVA, Verhandlungsergebnis aus dem Vorjahr zu akzeptieren

Die SVA muss aus Sicht der Ärztekammer das Verhandlungsergebnis aus dem Vorjahr akzeptieren, das den Ärzten vier Prozent Honorarplus bei gleichzeitigen Einsparungen etwa im Laborbereich (minus 22 Prozent) gebracht hätte. Dieses war vom SVA-Vorstand abgelehnt worden, worauf die Kammer den Vertrag mit Ende 2009 gekündigt hatte. "Es steht das Angebot aus dem letzten Herbst", so Wawrowsky.

Dorner setzt Ultimatum

Leitl müsse sich allerdings beeilen. "Ich bin bis Samstag in der früh in Österreich. Dann bin ich weg", sagte der Kammer-Vize. Ärztekammerpräsident Walter Dorner sei bereits im Ausland, und am kommenden Dienstag starte der vertragslose Zustand. "Ich fühle mich wirklich nicht schuldig", betonte Wawrowsky. Er habe sich sehr um das Zustandekommen des Vertrags bemüht.

Vor der vertragslosen Zeit brauchen sich die Patienten aus Sicht der Ärztekammer nicht fürchten. "Die ärztliche Versorgung bleibt mit Sicherheit ungebrochen. Wer den Arzt aufsucht, wird die adäqute, beste medizinische Versorgung bekommen. Das einzige, was sich ändert, wird die Administration sein", so Wawrowsky. Und: "Ich glaube fest daran, dass daran nicht das österreichische medizinische Versorgungssystem zerbrechen wird."

Dass die SVA den Ärzten nun Verrechnungsabkommen anbietet, ärgert die Kammer. Es gebe eine klare Judikatur darüber, dass Einzelverträge während eines vertragslosen Zustands unzulässig seien, so Kammerjurist Johannes Zahrl. Disziplinarrechtliche Konsequenzen für Ärzte, die darauf einsteigen, soll es dennoch nicht geben. "Grundsätzlich ist das nicht angedacht", sagte der Jurist.

Der Obmann der (SVA), Christoph Leitl, hat am Donnerstag noch einmal einen Versuch unternommen, einen vertragslosen Zustand für selbstständige Wirtschaftstreibende im Gesundheitssystem zu verhindern. Bei einer Pressekonferenz hatte der Wirtschaftskammerpräsident der Ärztekammer angeboten, den derzeit gültigen Vertrag zumindest bis Jahresende zu verlängern. Bis dahin könnte man ein neues Honorarsystem in Ruhe ausverhandeln.

Vorschlag kam von Stöger

Vorangegangen war dieser Ansage ein Gespräch Leitls mit Gesundheitsminister Alois Stöger, der nach Angaben des Kammer-Präsidenten solch einen "Burgfrieden" vorgeschlagen hatte. 

Leitl wollte fahrenden Zug noch aufhalten

Für Leitl gilt das Argument, dass es für eine Verteragsverlängerung zu spät sei nicht, denn der 1. Juni, ab dem der vertragslose Zustand gelten würde, sei noch nicht erreicht. Und als Kammerpräsident wisse er von diversen Verhandlungen, wie schnell man einen fahrenden Zug noch aufhalten könne. Schlecht sei der Vertrag ohnehin nicht, erinnerte der stellvertretende SVA-Obmann Martin Gleitsmann daran, dass die Tarife um 50 Prozent höher seien als die von anderen Kassen geleisteten.

Die Verhandlungen zwischen SVA und Ärztekammer waren vorgestern endgültig gescheitert. Sollte es nun nicht doch noch zu einer nochmaligen Verlängerung des Vertrages kommen (eigentlich war der Vertrag schon mit Jahresende 2009 gekündigt, Anm.,) müssten die SVA-Versicherten ab Juni beim niedergelassenen Arzt bar zahlen. Zurück erhalten sie dann höchstens 80 Prozent der Rechnungssumme.(APA)