Die Verabschiedung des Gesetzes über die Verleihung der Staatsbürgerschaft an Angehörige der ungarischen Minderheit in den Nachbarstaaten Ungarn belastet die Beziehungen zwischen Bratislava und Budapest schwer. 344 von 386 Abgeordneten im ungarischen Parlament stimmten für das Gesetz. Da in der Slowakei ca. 500.000 ethnische Ungarn leben, betrachten slowakische Regierungsvertreter das ungarische Gesetz als eine Verletzung der slowakischen Souveränität. 

Als Antwort auf das ungarische Staatsbürgerschaftsgesetz wurde unmittelbar danach im slowakischen Nationalrat eine Gesetzesnovelle als legislative Gegenmaßnahme beschlossen. Innenminister Róbert Kalinák (Smer) verlas den Gesetzestext und sprach wörtlich von einem "Sicherheitsrisiko", welches sich durch die „massenhafte Verleihung einer fremden Staatsbürgerschaft an Bürger der Slowakischen Republik" ergibt.

Strenge Strafen

Das slowakische Gesetz sieht den automatischen Verlust der Staatsbürgerschaft bei der Annahme einer anderen vor, Ausnahmefälle stellen Eheschließungen und Geburt dar. Bei Nichtbekanntgabe des Erhalts einer anderen Staatsbürgerschaft drohen strenge Strafen. Falls also ein Ungar in der Slowakei die ungarische Staatsbürgerschaft annimmt und dies den slowakischen Ämtern nicht meldet, droht ihm unter anderem eine Geldstrafe bis zu 3319 Euro.

Premierminister Robert Fico (Smer) drückte die Notwendigkeit aus, sich gegen die Vorgehensweise der ungarischen Regierung „wehren" zu müssen und betrachtet die Novellierung des slowakischen Staatsbürgerschaftgesetzes als die erste adäquate Maßnahme. Er kritisierte in einem Interview das Vorgehen des designierten ungarischen Premiers Viktor Orban (Fidesz-MPSZ) und warf ihm Kooperationsverweigerung vor.

Zudem verurteilte Fico auch den Vorsitzenden der ungarischen Partei im slowakischen Parlament Pál Csáky (SMK), der angekündigt hatte, dass er und weitere SMK-Abgeordnete die ungarische Staatsbürgerschaft annehmen werden. Der Kritik gegen das ungarische Gesetz sowie die SMK schlossen sich auch slowakische Oppositionsparteien an.  Die liberalkonservative SDKÚ unterstützte die Novellierung des slowakischen Gesetzes bei der Abstimmung allerdings nicht.

Am schärfsten gegen die ungarische Doppelstaatsbürgerschaft äußerten sich naturgemäß die Vorsitzenden der beiden kleineren Regierungsparteien Ján Slota (SNS) und Vladimír Mečiar (ĽS-HZDS) und sprachen sogar von einem möglichen Krieg. Der Chef der extremnationalistischen SNS sieht im hohen Abstimmungsergebnis für das ungarische Staatsbürgerschaftgesetz den Ausdruck einer "Militarisierung" der ungarischen Gesellschaft, was seiner Meinung nach auch Auswirkungen auf die Nachbarstaaten haben werde. Dahinter soll sich laut Ján Slota die Zielsetzung "aller" ungarischen Parteien für ein "Großungarn" sowie die "Liquidierung des Vertrages von Trianon" verbergen.

Slota und Mečiar sehen Kriegsgefahr

Gemäß dem Vorsitzenden der SNS ist diese Entwicklung "der Beginn eines militärischen Konfliktes". In seiner Rede appelliert er an die Abgeordneten, sich besonders auf die "Verteidigungsfähigkeit" des Landes vorzubereiten und in den nächsten vier Jahren mit dem Schlimmsten zu rechnen. Auch Vladimír Mečiar, dem in seiner Zeit als Premierminister (1994-1998) Menschenrechtsverletzungen nachgesagt werden, sprach von einer Kriegsgefahr.

Die bilateralen slowakisch-ungarischen Spannungen kommen für die slowakischen als auch für die ungarischen Nationalisten gerade recht. Denn am 12. Juni finden in der Slowakei Parlamentswahlen statt und gerade die ĽS-HZDS und SNS sowie die SMK waren in den jüngsten Meinungsumfragen mit schlechten Ergebnissen konfrontiert. Inwieweit vor allem die SNS von der gegenwärtigen Stimmungslage mit ihrer nationalistischen Rhetorik am Wahltag profitieren wird, bleibt abzuwarten.

Dass aber die Doppelstaatsbürgerschaft von Mitgliedsländern der NATO und EU als ein Risiko und in weiterer Folge als Bedrohungen für die Sicherheit wahrgenommen wird, zeugt von einer gewissen Absurdität der slowakisch-ungarischen Beziehungen, die besonders in Wahlkampfzeiten offensichtlich wird. (Rastislav Báchora für derStandard.at)