Warten vor dem Schalter in der Polizeiinspektion Leopoldstadt. Pro Fall dauert die Registrierung bis zu einer Stunde.

Foto: Standard/Matthias Cremer

Bei Verstoß droht Schubhaft. Die unpraktikabel gestaltete Regel hat Tausende illegalisiert.

***

Wien - Neun Uhr früh, Polizeiinspektion (PI) Leopoldsgasse. Hinter dem glasscheibengeschützten Schalter im Eingangsbereich starrt eine Verwaltungsbeamtin alarmiert zur Tür. Dort sind eben an die zehn Männer und Frauen hereingekommen, die offenbar aus den verschiedensten Erdteilen stammen - und hinter ihnen auf der Straße, so sieht sie, warten noch mehrere Dutzend.

Es gehe um "die Registrierung" dieser Menschen, erklärt Karin Klaric, Obfrau des Flüchtlingshilfevereins Purple Sheep und Begleiterin der insgesamt 56 Personen. Als offiziell obdachlose, bei dem ums Eck gelegenen Verein Ute Bock hauptgemeldete Asylwerber - die dort bis Ende 2009 ihre Behördenpost abholen konnten - seien die Betroffenen seit Jänner 2010 verpflichtet, alle zwei Wochen bei der Polizei vorzusprechen (siehe "Wissen" ).

Auch die Behördenpost bekommen sie jetzt bei der Polizei ausgefolgt, bei Nichtregistrierung droht Schubhaft: eine im Zuge der Asylnovelle 2010 eingeführte Maßnahme, mit der man laut Innenministerium das "Abtauchen" obdachloser Flüchtlinge in die Illegalität verhindern wollte.

Allein, die Strategie sei nicht aufgegangen, kritisiert Klaric. Ohne Übergangsfristen eingeführt, habe die Maßnahme vielmehr österreichweit mehrere tausend Menschen am untersten Rand der Gesellschaft seit Jänner zu Schubhäftlingen auf Abruf gemacht - habe sie in Angst versetzt und so ein Stück weiter in Illegalität getrieben.

Ein Hotspot dabei: die Wiener Leopoldstadt, wo das Meldeservice Ute Bocks von sage und schreibe 1500 Asylwerbern und anderen Fremden in Anspruch genommen wird. 1500 Registrierungspflichtige, für die alle die PI Leopoldsgasse zuständig ist.

Bis Ende März, so Bock-Pressesprecher Kurosch Allahyari, habe in der Leopoldstadt ein informelles Registrierungs-Stillhalteabkommen existiert. Doch schon in dieser Zeit seien bis zu 50 Nichtregistrierte bei Polizeikontrollen wegen des Gesetzesverstoßes in Schubhaft gesperrt, Einzelne sogar abgeschoben worden. "Es muss doch möglich sein, für die Betroffenen eine Lösung zu finden, die ihnen Legalität ermöglicht" , meint Klaric.

Die Registrierung von 56 Personen dauerte in der Leopoldsgasse am Mittwoch von neun bis 15.30 Uhr. Vor weiteren Massenvorsprachen hat Kontrollinspektor Reinhard Hochleitner eine gewisse Furcht: "Dann brauchen wir Verstärkung." Doch bei der Pressestelle der Wiener Polizei sieht Sprecher Mario Hejl "kein Problem" . Im Innenministerium sagt Sprecher Rudolf Gollia:"Das war eine politische Aktion." (Irene Brickner, DER STANDARD - Printausgabe, 28. Mai 2010)