Die Antwort der Slowakei auf das ungarische Gesetz über die doppelte Staatsbürgerschaft kam blitzschnell: Nur Stunden nach der Abstimmung im Parlament in Budapest beschloss der Nationalrat in Bratislava am Mittwoch mit den Stimmen der Regierungskoalition, der Christdemokraten und einiger unabhängiger Abgeordneter als Gegenmaßnahme eine Novelle des slowakischen Staatsbürgerschaftsgesetzes. Slowakische Bürger, die die ungarische Staatsbürgerschaft beantragen, werden somit die slowakische definitiv verlieren - und damit beispielsweise die Möglichkeit, im Staatsdienst zu arbeiten.

Die Parlamentsdebatte in Bratislava war stark emotionsgeladen. "Es ist eine sehr ernste Situation. Es geht um die Sicherheit der Slowakei, ihre Souveränität, ihre Gebietsintegrität" , begründete Regierungschef Robert Fico die Reaktion.

Gegen die Vorgangsweise Ungarns stellten sich zwar alle Parlamentsfraktionen, also auch die Opposition, ausgenommen die Ungarnpartei SMK - Uneinigkeit herrscht aber in der Frage der Angemessenheit: "Unsere Reaktion auf die schlechte Entscheidung des ungarischen Parlaments ist nicht richtig, obwohl wir nicht in Frage stellen, dass das ungarische Gesetz schlecht ist" , meinte der zweimalige Premierminister und Chef der größten Oppositionspartei SDKU, Mikuláš Dzurinda. Auch nach Meinung der Christdemokraten hilft die Politik von Viktor Orbán nur dem slowakischen Premier im Wahlkampf für die Parlamentswahlen am 12. Juni. Analytiker glauben aber nicht, dass die "Ungarn-Karte" die erwartete extrem niedrige Wahlbeteiligung deutlich heben wird.

Die Ungarnpartei SMK spricht hingegen schon seit einigen Tagen von einer hysterischen Reaktion der Slowakei. Parteichef Pál Csáky hat nicht nur offen den Schritt Budapests begrüßt, er versicherte auch, mehrere Parlamentsabgeordnete seiner Fraktion würden die ungarische Staatsbürgerschaft beantragen. Premier Fico warnte daraufhin, sie könnten damit nicht nur die slowakische Staatsbürgerschaft, sondern auch ihr Parlamentsmandat verlieren, da dieses an das passive Wahlrecht geknüpft ist.

Die slowakische Gesetzesnovelle dürfte letztlich vor dem Verfassungsgericht enden. Nicht nur Ungarn-Vertreter, auch slowakische Rechtsexperten glauben, dass für ihre praktische Umsetzung die Verfassung geändert werden muss, der zufolge "niemandem die slowakische Staatsbürgerschaft gegen seinen Willen aberkannt werden kann". (Renata Kubicová aus Bratislava/DER STANDARD, Printausgabe, 28.5.2010)