Wien - Die im Dezember 2009 gestartete Gasbörse CEGH (Central European Gas Hub), die den Handel am Gas-Hub Baumgarten weiter entwickeln und internationalisieren soll, rechnet mit dem Start des sogenannten Future Trading im Sommer 2010. Bisher wollte man im 2. Quartal starten. Die Verzögerung begründete CEGH-Vorstand Harald Wüstrich am Donnerstag Nachmittag bei einem Hintergrundgespräch mit der intensiven Prüfung des Vorhabens durch die Behörden, unter anderem durch die Finanzmarktaufsicht (FMA).

Der bereits seit einigen Jahren entwickelte OTC-Handel (over the counter) am Gas-Hub wurde durch die Gasbörse um das sogenannte "Spot Trading" ergänzt. Dabei wird die Gaslieferung für den nächsten Tag gehandelt. Das Future Trading soll den börslichen Gashandel für einen längeren Zeitraum im Voraus ermöglichen, sodass gebuchte Mengen erst unter Umständen nach mehreren Monaten ausgeliefert werden.

Verzögerungen bei Eigentümerstruktur

Auch bei der Eigentümerstruktur der Gasbörse haben sich Verzögerungen ergeben: Beim ihrem Start hieß es, dass die Wiener Börse in den nächsten Wochen den geplanten Anteil von 20 Prozent übernehmen soll. Laut Wüstrich soll dies demnächst erfolgen. Wieviel die Wiener Börse für die Beteiligung bezahlen werde, wollte der derzeitige 100-Prozent-Eigentümer OMV nicht bekanntgeben. Neben der Wiener Börse ist geplant, dass sich der russische Gasriese Gazprom mit 30 Prozent und das zu ihm gehörende Wiener Unternehmen Centrex mit 20 Prozent beteiligen. Dies wird derzeit von der EU geprüft.

Physisch wird pro Monat rund 1 Mrd. Kubikmeter Gas am Gas-Hub transferiert - allerdings wird bei einem Transfer die Gasmengen bis zu dreimal gehandelt, sodass pro Monat rund 2,9 Mrd. m3 Gas gehandelt werden, so Wüstrich. In Euro ausgedrückt bedeuten diese Mengen rund 6 Mrd. Euro im Jahr. Derzeit wird über die Gasbörse 2 bis 3 Prozent davon abgewickelt. Einen großen Schub erwartet sich die Börse durch das Future Trading. Damit hofft Wüstrich den Anteil der Gasbörse am Handel bis 2015 auf 30 bis 40 Prozent steigern zu können, wobei der Handel nach seiner derzeitigen Schätzung 60 Prozent über Future Trading und zu 40 Prozent über Spot Trading erfolgen könnte.

Derzeit kommen beim CEGH pro Tag rund 4.000 sogenannte Nominierungen - also Handelsanmeldungen seitens der Gasbörse-Kunden herein. Im Vorjahr wurde am Gas-Hub Baumgarten 22,8 Mrd. m3 Gas gehandelt. Heuer sollen es mehr als 30 Mrd. m3 werden. Bis 2015 soll das Volumen auf 50 m3 Gas ansteigen. Ein zusätzlichen Anstieg der Handelsvolumina erwartet sich Wüstrich durch die beiden Pipeline-Projekte Nabucco und South Stream. Man will die größte Gasbörse in Kontinentaleuropa werden.

Nabucco als wichtiger Faktor

Für die Gasbörse, aber auch den Handel am Gas-Hub sei Nabucco besonders wichtig, weil Gas aus einer neuen Quelle, dem kaspischen Raum, nach Baumgarten gebracht werde und daher das Angebot und die Attraktivität für die Kunden erhöhe, hieß es. Nach Schätzungen könnten jährlich bis zu 15 Mrd. Kubikmeter, also die Hälfte der Gesamtkapazität, nach Österreich fließen. Russischen Schätzungen zufolge könnten weitere 5 bis 10 Mrd. m3 Gas durch South Stream nach Österreich kommen.

Insgesamt hat die Börse 104 registrierte Kunden aus 17 Ländern, davon 87 aktive. Die meisten registrierten Kunden sitzen in Italien (28), gefolgt von Österreich (17) und Deutschland und Großbritannien (je 10). (APA)