Wenn im Unternehmen die Rahmenbedingungen und Chancen für Männer und Frauen gleich sind, sollte das auch gleiche Karriereoptionen ermöglichen, so lautete die Annahme der Baumarktkette Obi. Die Realität sah aber anders aus: "Bei unseren Executive-Trainings waren trotzdem nur Männer" , sagt Michael Vinzing, Geschäftsführer von Obi Österreich.

Im Herbst startet daher erstmalig ein maßgeschneidertes Weiterbildungsprogramm für weibliche Führungskräfte. Das Obi Women Executive Training hat das Ziel, in Zukunft auch Frauen die Tür in die oberste Managementetage zu öffnen. Denn auch wenn bereits 40 Prozent der Führungskräfte weiblich sind, so ist die Geschäftsführung ausschließlich in Männerhand. "Wir wollen eine gleichmäßige Verteilung von Einfluss und Entscheidung über beide Geschlechter in unserem Unternehmen etablieren" , so Vinzing.

Vorangegangen sei eine umfassenden Strategiediskussion. "Kaufentscheidungen werden zum überwiegenden Teil von Frauen getroffen. 50 Prozent unserer Bonuscard-Besitzer sind weiblich. Schon aus reiner Vernunft kann daher auf Frauen im Top-Management nicht verzichtet werden", erklärt Vinzing. Im expandierenden Unternehmen kann der überwiegende Teil der Führungspositionen intern besetzt werden.

Frauen seien stärker an Aufgaben orientiert, Männer mehr auf ihre Karriere fokussiert, so seine Einschätzung. "Frauen sind selbstreflektierter, gehen mit Konflikten anders um, und vor allem sind sie nicht so laut wie ihre männlichen Kollegen" , so der Geschäftsführer. Bei dem zweijährigen Training gehe es nicht darum, weibliche Führungskräfte "zu vermännlichen", vielmehr sollen die eigenen Potenziale gestärkt werden.

Fachliche und Social Skills

In sieben Modulen werden neben fachlichen und theoretischen Inhalten auch soziale und persönliche Handlungskompetenzen erweitert. "Bei diesem Programm wurde nicht einfach das bestehende Executive-Programm kopiert, sondern ein ganz neues von externen Trainerinnen entwickelt", so Vinzing. Insgesamt zwölf Mitarbeiterinnen mit Führungsverantwortung nehmen an diesem Programm teil, neun Teilnehmerinnen kommen aus der österreichischen Systemzentrale bzw. aus österreichischen Filialen und drei aus Slowenien und Kroatien. Bis zum Kick-off im Oktober werden die Teilnehmerinnen noch gebrieft, um Potenziale zu analysieren und die unterschiedlichen Wissensgrade anzugleichen.

Mittelfristig sei jedenfalls geplant, die beiden Executive-Trainings wieder zu einem zusammenzuführen, weil das ja auch im Sinne der Gleichberechtigung sei. "Daher wollten wir eigentlich nicht auf diesen gezielten Frauenförderzug aufspringen", erklärt Vinzing. (Gudrun Ostermann, DER STANDARD/Printausgabe 29./30.5.2010)