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Verkehrsministerin Doris Bures wird von der ÖVP der Sparwille abgesprochen. Sie wirft dem Koalitionspartner vor, mit "Polemik, Halb- und Falschinformation" zu arbeiten.

Foto: APA/Fohringer

Wien - Die Bahn wird zunehmend zu einem Belastungsfaktor für die Regierung. Bisher war es eher die zweite ÖVP-Reihe um Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka und Verkehrssprecher Ferry Maier, die massive Kritik an den Kosten der ÖBB und an der zuständigen Ministerin Doris Bures (SPÖ) übte. Nun macht ÖVP-Chef und Finanzminister Josef Pröll die Bahn zum Chefthema und verschärft die Tonart. "Die SPÖ sieht die ÖBB als ihr Heimfeld, sie war bisher nicht bereit, das Unternehmen gemeinsam mit den Experten im Aufsichtsrat strategisch zu entwickeln", sagte Pröll am Freitag zum STANDARD.

Aufsichtsräte abgezogen

Aus Protest hatte die ÖVP bereits am Mittwoch ihre Aufsichtsräte aus der ÖBB-Holding abgezogen. Auch der Rückzug aus den Aufsichtsräten von ÖBB-Tochtergesellschaften steht im Raum. Im Hintergrund geht es auch um den ÖVP-Wunsch, den Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Markus Beyrer, zum Aufsichtsratschef bei der Asfinag zu machen. Das lehnt die SPÖ aber ab.

Pröll zur Vorgangsweise: "Wenn die SPÖ glaubt, das allein bewältigen zu können, dann soll sie allein entscheiden und die Verantwortung übernehmen."

Kanzler lässt Pröll abblitzen

Der Minister attackiert auch Bures direkt. Bei den ÖBB werde "die unternehmerische Verantwortung nicht mehr wahrgenommen", die Gewerkschaft feiere "dort fröhliche Urständ". Auch Postenschacher wirft er Bures vor: "Die SPÖ erhöht den politischen Druck im Unternehmen, wechselt Vorstände, besetzt Vorstände, fährt über abweichende Meinungen drüber, da muss man einfach seine Konsequenzen ziehen." Es gebe seit Monaten die Debatte, was in der ÖBB schiefläuft, "kritische Geister" würden aber nicht gehört. Daher müsse sich nun Kanzler und SPÖ-Parteichef Werner Faymann des Themas annehmen und seine Verantwortung wahrnehmen.

Dass die ÖBB nur ein Nebenschauplatz der Koalitionsauseinandersetzungen sei, weist Pröll zurück. "Dort gibt es Privilegien, die man so nicht stehenlassen kann. Zum Spar- und Sanierungspaket wird jeder seinen Beitrag leisten müssen. Daran hält sich auch die SPÖ. Mit einer einzigen Ausnahme: Das sind die ÖBB." Neben den Pensionsprivilegien gebe es auch Probleme mit der Qualität. "Tausende Pendler ärgern sich täglich über Verspätungen, über die schlechte Qualität der Züge. Aber die Maxime der Gewerkschaft ist: 'Hauptsache, viele Leute sind angestellt, und darüber hinaus ist mir die Qualität wurscht.' Das geht nicht."

"Bures hat Rückhalt Faymanns"

In der SPÖ lässt man die Vorwürfe naturgemäß nicht auf sich sitzen. Für ein Machtwort sieht Faymann keinen Anlass. "Die ÖBB sind bei Ministerin Doris Bures in den besten Händen, sie hat den vollen Rückhalt des Kanzlers", erklärt sein Sprecher. Sachliche Einwände könne Pröll jederzeit bei Bures vorbringen.

Die Ministerin meint, sie setze auf "konstruktive Arbeit". Der neue ÖBB-Chef Christian Kern setze alles daran, die ÖBB "effizienter und wettbewerbsfähiger" zu machen. "Dabei wäre die Unterstützung der gesamten Regierung von Vorteil. Leider erschöpft sich der Beitrag der ÖVP in Polemik, Halb- und Falschinformation", so Bures zum STANDARD.

Sie verweist auf bereits erfolgte Reformen. Die Zusammenlegung der beiden ÖBB-Infrastrukturgesellschaften bringe 100 Mio. Euro bis 2014. Um weitere 120 Mio. sinke der Bundeszuschuss zu den ÖBB-Pensionen. Und schließlich seien im gemeinsam beschlossenen Bundesfinanzrahmen Einsparungen von 555 Mio. Euro im Verkehrsressort vorgesehen. Daher würden alle Zahlungen an die ÖBB überprüft. Einen vergleichbarer Konsolidierungsbeitrag gebe es in keinem anderen Bereich. (Michael Völker, Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.5.2010)