Auf der Straße werden wir ihn wohl nur von hinten sehen: Der McLaren MP4-12c soll ab 2011 den Sportwagenmarkt kräftig aufmischen.

Foto: McLaren

2011 will der britische Sportwagen-Hersteller McLaren mit einem neuen Modell auf den Markt kommen. Das Chassis des britischen Boliden wird von Carbo Tech in Salzburg gefertigt.

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Salzburg - Das Ding, wenn man einen Sportwagen dieser Güte überhaupt so nennen darf, wird den unspektakulären Namen MP4-12c tragen. Dahinter verbirgt sich freilich moderne Autotechnologie vom Feinsten: Der V8-Motor bringt sagenhafte 600 PS auf die Straße. In dieser Kategorie misst man nicht mehr die Beschleunigung von 0 auf 100, sondern gleich von 0 auf 200 Stundenkilometer: unter zehn Sekunden. Billig wird der Männertraum auf Rädern freilich nicht: Das Auto wird bis zu 200.000 Euro kosten.

Das Chassis des McLaren MP4-12c ist ein nicht ganz 80 Kilogramm schweres Carbon-Monocoque. Diese das Fahrzeug tragende Fahrgastzelle wird von der Salzburger Firma Carbo Tech gefertigt. Damit haben die Salzburger den Zuschlag für den weltweit größten Auftrag zur Serienfertigung von Carbon-Monocoques erhalten. Gesamter Auftragswert für den Fahrzeugaufbau "made in Salzburg" : 150 Millionen Euro. Das entspricht einem Volumen von 20 Millionen im Jahr der stärksten Produktion.

Vorteil Serienproduktion

"Unser eindeutiger Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz liegt darin, dass wir große Kohlefaser-Bauteile in Serie produzieren können. Wir haben ein traditionell äußerst arbeitsintensives Verfahren automatisiert" , so Karl Wagner. Der Carbo- Tech-Gründer geht davon aus, dass die Zusammenarbeit mit diesem ingenieurstechnischen Schritt der Kohlefaser-Konstruktion und -Produktion der Carbon-Technologie zu einem deutlichen Schub in der Automobilproduktion verhelfen werde: "Damit ist der Durchbruch von Carbon in der industriellen Fertigung eingeleitet."

Das - nicht zuletzt durch die Formel-1-Technologie entwickelte - Prinzip der Monocoques ist einfach: Monocoques sind aus Kohlefaser hergestellte, einteilige Fahrgastzellen für Autos. Sie sind besonders leicht und verringern dadurch den CO2-Ausstoß der Fahrzeuge. Gleichzeitig verhelfen sie dem Auto zu einer verbesserten Stabilität, strukturellen Steifigkeit und konstruktionstechnische Berechenbarkeit. Das Ergebnis ist vor allem die auf dem Sportwagensektor bedeutende optimierte Fahrdynamik. Trotz des geringen Gewichtes von nicht einmal 80 Kilogramm erfüllt die Kohlefaserzelle sämtliche zulassungsrelevanten Crashtest-Anforderungen für Großserien Fahrzeuge.

Für die 1993 gegründete Firma Carbo Tech ist der Auftrag aus Großbritannien der ganz große Durchbruch: "Das bringt uns in eine andere Kategorie eines Unternehmens. Von einem gewerbe-mittelständischen Unternehmen schaffen wir den Sprung zum Industrieunternehmen. Wir haben den wichtigsten Auftrag, der derzeit in der Automobilindustrie vergeben wurde, bekommen" , heißt es vonseiten der Firmenleitung in Salzburg.

4000 Monocoques pro Jahr

Um den Großauftrag überhaupt umsetzen zu können, hat Carbo Tech eine neue Produktionshalle am Standort im Salzburger Stadtteil Liefering gebaut. In der neuen, 3500 Quadratmeter großen Produktionshalle, werden in den nächsten acht Jahren bis zu 4000 Monocoques pro Jahr gefertigt. Für den McLaren-Auftrag wird Carbo Tech bis 2014 rund 100 Mitarbeiter aufnehmen. Zum Vergleich: Ende 2009 beschäftigte das Unternehmen 309 Mitarbeiter. Auch der Umsatz wird durch den McLaren-Deal kräftig nach oben schnellen: 2008 betrug der Umsatz rund 35 Millionen, im Krisenjahr 2009 rund 30 Millionen Euro. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.5.2010)