"Ein Latrinengerücht", sagt Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll. In den vergangenen Wochen hat es Berichte gegeben, wonach Bundeskanzler Werner Faymann unter Umständen nach der Wien-Wahl als Bürgermeister in die Bundeshauptstadt wechseln könnte und Sozialminister Rudolf Hundstorfer das Kanzleramt übernehmen könnte.

"Ich sehe beim Bundeskanzler derzeit keine Abwanderungstendenzen", sagt Pröll im Gespräch mit dem Standard. Ein solches Szenario sei extrem unwahrscheinlich. Einen Wechsel im Bundeskanzleramt würde er auch nicht hinnehmen, sagt der ÖVP-Chef. "Ich habe mit Werner Faymann die Koalition ausgemacht, ich habe mit ihm die Ressortverteilung und die Themen besprochen, und ich habe mit ihm den Koalitionspakt bis 2013 entsprechend finalisiert. Ich gehe davon aus, dass wir zwei auch als Kanzler und Vizekanzler in die nächste Wahlauseinandersetzung 2013 gehen. Alles andere würde eine völlige Neubewertung des politischen Arbeitens der Koalition bedeuten." Ob das Neuwahlen bedeuten würde? "Wir brauchen nicht über Neuwahlen nachzudenken. Werner Faymann wird der Bundeskanzler bis 2013 bleiben, und dann wird es eine Wahlauseinandersetzung geben."

Vom Standard wurde der Vizekanzler auch auf das Thema Ehrlichkeit in der Politik angesprochen, das Pröll derzeit auch mit dem Motto "Denn Gerechtigkeit beginnt mit Ehrlichkeit" inseriert. Schließlich habe er ganz vehement vertreten, dass es keine neue Steuern geben werde und praktisch über Nacht seine Ansicht geändert und eine andere Meinung vertreten. Pröll dazu: "Meine Aussagen, ,keine neuen Steuern‘, kann man durchaus kritisch bewerten. Aber in der Koalition mit der SPÖ war für mich klar, wenn ich nicht radikal auf der Steuererhöhungsbremse stehe, dann bekommen wir ein Sanierungspaket für das Land, das überproportional über Steuern saniert und nicht über die Ausgabenseite. Die SPÖ wollte ja fast nur über Steuern gehen."

Eine zulässige Notlüge des Finanzministers also? Pröll: "Ein Finanzminister soll nicht lügen, aber er muss sich strategisch richtig verhalten, um zu guten Ergebnissen zu kommen. So ist eben Politik." (Michael Völker/DER STANDARD Printausgabe, 28.05.2010)