Die Richtungsfrage nach rechts oder links ist mit der Feststellung, dass man das "leicht velwechsern" könne, schon vom großen Ernst Jandl erschöpfend beantwortet worden. Dennoch wurde sie im jetzt zu Ende gegangenen burgenländischen Wahlkampf mit Vehemenz aufgeworfen. Vor allem die Grünen warfen Hans Niessl vor, dass er mit seiner Kampagne unerträglich weit nach rechts gerückt sei. Und selbst die FPÖ hielt ein ums andere Mal fest, Niessl wolle sie "rechts überholen".

Hans Niessl entgegnete dem mit der Gelassenheit aller sozialdemokratischen Technokraten. Es gebe, meinte er, keine rechte oder linke Sicherheitspolitik, sondern nur eine richtige oder falsche. Das ist nicht ganz falsch.

Ganz richtig freilich ist es auch nicht. Denn was an Niessls Wahlkampf so verstört hat, lag nicht in der Sache. Sondern im Ton. Für Niessls vehemente Kritik an ÖVP-Innenministerin Fekter - auch nicht gerade eine, die sich vorm Etikett rechts schreckt - lassen sich zahlreiche gute Argumente finden. Für den Ton allerdings nicht. Denn die Musik, die der macht, ist reinster Populismus.

Ja, es ist schon so, dass der Vorwurf des Populismus auch ein wenig hanebüchen ist, selber ein wenig populistisch, wenn man will. Zu Recht verweisen alle Populisten und also auch Hans Niessl auf dessen Unumgänglichkeit für die demokratische Legitimation. Und wie alle anderen meint auch Niessl, er habe halt das Ohr bei den Sorgen der Leute.

Der Unterschied mag ein feiner sein, gewichtig ist er gleichwohl. Dem Volk aufs Maul zu schauen ist etwas ganz anderes, als ihm nach dem Mund zu reden. Gerade von Politikern in Regierungsverantwortung muss man erwarten dürfen, dass sie diesen Unterschied berücksichtigen. Dass sie zum Beispiel eben nicht hochsensible, emotional aufgeladene Themen hochkochen, um damit bloß taktische Spielchen zu spielen.

Hans Niessl hat das diesmal gemacht. Das ist schlimm genug, auch wenn man ihm zugutehalten muss, dass er vorm Letzten zurückgeschreckt ist. Er hat mit dem heiklen Assistenzeinsatz gespielt, er hat "die Asylanten" ins Spiel gebracht. Ein Haider, wie die Grünen sich mokieren, ist er damit allerdings noch lange nicht. Dazu bedürfte es noch des finalen Instruments der Hetze und des Gegeneinander-Ausspielens verschiedener Gruppen. Vielleicht ist es überinterpretiert: Aber dass die im Umfeld von Eberau gestartete Unterschriftenaktion mit dem haarsträubenden Motto "Asyl mit Maß und Ziel" letztlich schnell in der Versenkung verschwunden ist, kann auch als Zeichen roter Einsicht, als Zurückschrecken gedeutet werden.

Einsicht vielleicht darin, dass selbst der ärgste Populist vorm Populisieren klären muss, wer denn das nun sei: das Volk, dem nach dem Mund zu reden man sich nun einmal entschlossen hat. Was die SPÖ unter Volkes Stimme versteht, hat Werner Faymann 2008 schon brieflich klargestellt. Hans Niessl hüpft ihm das jetzt nach. Seit Wochen singt die Kronen Zeitung einschlägige Loblieder. Und scheut dabei selbst vorm nordkoreanischen Duktus nicht zurück. "Der brave Landeshauptmann Niessl" , so holperte am Mittwoch der Tagesreimer, "hört auf das Volk, nicht nur ein bissl."

Im Populismus mag so was schon genügen. In der Demokratie ist das - wenn auch vielleicht nur "ein bissl" - zu wenig. Volkes Stimme ist im Burgenland erst am Sonntag zu hören. (Wolfgang Weisgram/DER STANDARD Printausgabe, 29.05.2010)