Beinahe zeitgleich mit der Veröffentlichung der neuen amerikanischen Sicherheitsstrategie kam die Nachricht vom 1000. gefallenen US-Soldaten in Afghanistan. Ein Zufall, sicher. Aber einer, der die neue Breite der von Barack Obama vorgelegten Doktrin gut illustriert: Einerseits sterben mit der Eskalation in Afghanistan immer mehr GIs, werden in Pakistan mutmaßliche Taliban von Drohnen aus liquidiert, liegt de facto ein Tötungsbefehl ohne Gerichtsurteil gegen den jemenitischen Hassprediger Anwar al-Awlaki vor. Andererseits setzt Washington auf internationales Engagement, Partnerschaften und selbst auf diplomatische Kontakte mit "feindlichen Mächten" .

Hatte der übermütige George W. Bush noch vollends auf die militärische Überlegenheit der Vereinigten Staaten gesetzt und sich auf den Kampf gegen den Terrorismus konzentriert, operiert Obamas Regierung in vielen Dimensionen. Die G-20 spielen eine Rolle, auch Uno und OSZE. Daneben liegt der Fokus auf dem Umgang mit aufstrebenden Konkurrenten wie China oder Indien. Obamas Ton mag dabei verbindlicher sein, die Interessen der USA - siehe Afghanistan - werden aber um nichts weniger hart vertreten.

Eine tatsächliche Neuerung ist das Augenmerk auf die Wirtschaft. Hatte Bush die Budgetzügel wegen seiner Kriege noch schleifen lassen, begreift Obama vor allem die US-Defizite als Bedrohung. "Unsere nationale Sicherheit beginnt zu Hause", das ist der Kernsatz der Obama-Doktrin. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 29.5.2010)