Gelsenkirchen - Witali Klitschko bleibt Box-Weltmeister im Schwergewicht nach WBC-Version. Der 38-jährige Ukrainer kämpfte Samstagnacht vor 46.000 Zuschauern in der Gelsenkirchner Fußball-Arena gegen den Polen Albert Sosnowski zunächst knapp neun Runden zäh und bedächtig und musste sich sogar Pfiffe gefallen lassen. Doch als "Dr. Faust" in Runde zehn mit einer Rechts-Links-Kombination plötzlich seinen "Narkosehammer" auspackte, toben die Zuschauer und waren versöhnt.

Durch den vorzeitigen Sieg baute der ältere der Klitschko-Brüder seine K.o.-Bilanz auf unglaubliche 95 Prozent aus, hat er doch 38 seiner 40 Siege vor dem finalen Gong gefeiert. Das schafften nicht einmal die legendären Ex-Champions George Foreman (89 Prozent), Mike Tyson (88), Joe Frazier (84), Lennox Lewis (78) oder Muhammad Ali (66). Nach dem Erfolg über Sosnowski legte selbst Klitschko alle Bescheidenheit ab. Triumphierend erklärte er: "Ich bin der Stärkste der Welt." Nachfrage: "Und Ihr Bruder?" Witali erkundigte sich mit unsicherem Blick, ob sein Bruder Wladimir im Raum sei. Als das verneint wurde, nickte er zufrieden. "Dann kann ich sagen: Ich bin der Stärkste der Welt."

Allerdings war das, was Klitschko über die ersten neun Runden bot, beileibe keine Augenweide. Mit seinem typisch ungelenken Stil - die linke Hand baumelte an der Hosennaht, die rechte zappelte in Bauchnabelhöhe - stakste er mit geöffnetem Mund durch den Ring und bearbeitete seinen Rivalen ab und zu mit der linken Führhand. Neu war: Die Rechte kam fast gar nicht. "Das war Strategie", erläuterte der Champion später.

Dieses Sparflammen-Boxen reichte aber schon, um den Herausforderer aller Illusionen zu berauben. Dennoch wurde der schwache Pole mit Lob überschüttet. "Sosnowski hat eine große Leistung gezeigt: Er will kämpfen", meinte etwa Klitschko, und sein Manager Bernt Bönte fand für die biedere Hausmannskost sogar noch eine verbale Steigerung: "Das war eine herausragende Leistung von Sosnowski."

So muss einem schon angst und bange sein, wenn man an die nächste Pflichtverteidigung denkt. Da steht der US-Amerikaner Ray Austin, den Wladimir Klitschko schon vor drei Jahren in zwei Runden k.o. geschlagen hat, auf Platz eins des World Boxing Council (WBC). Dahinter buhlen der wohlgenährte Kubaner Odlanier Solis und der vom schrillen Box-Guru Don King gemanagte russische Riese Nikolaj Walujew um das Herausforderungsrecht.

Trotz seines Sieges musste Witali Klitschko aber auch eine Niederlage einstecken. Lediglich 7,04 Millionen Zuschauer wollten den Kampf im Fernsehen verfolgen. Das ist ein Tiefschlag für RTL, dennoch wurde die Kooperation um vier weitere Kämpfe verlängert. In den vier gemeinsamen Jahren mit den Klitschkos war die Resonanz noch nie so schlecht. Eindeutige Siegerin: Die zierliche Lena im Konkurrenzsender ARD. Sie brachte es beim Grand-Prix-Sieg in Oslo auf mehr als 14 Millionen Zuschauer. (APA/dpa)