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Der beste Jürgen Melzer den Paris je gesehen hat.

Foto: EPA/IAN LANGSDON

Paris - Jürgen Melzer steht kurz davor, den großen Durchbruch zu schaffen. Bei seinem 32. Grand-Slam-Turnier hat es der 29-jährige Niederösterreicher endlich geschafft, nach elf Drittrunden-Niederlagen bei den vier Majors hat es im zwölften Versuch geklappt mit dem Achtelfinale. Melzer trifft in Roland Garros am Montag (11:00, ORF 1 überträgt live) als Favorit auf den russischen Qualifikanten Teimuras Gabaschwili.

Dieser Erfolg ist kein Zufall, sondern das Ergebnis von harter, konsequenter Arbeit, einer enormen Stabilität und einem immer stärker werdenden Selbstvertrauen. Acht Jahre musste Österreichs Tennis auf einen Achtelfinalisten im Herren-Einzel warten, Stefan Koubek steht diesbezüglich noch über Melzer, hat er bei den Australian Open 2002 doch das Viertelfinale erreicht.

Das könnte der nun sicher in den Top 25 der Weltrangliste aufscheinende Melzer am Montag ebenfalls schaffen. Aber Gabaschwili hat bisher keinen Satz abgegeben, hat nicht nur Daniel Köllerer, sondern in der dritten Runde sogar Andy Roddick (USA-6) in drei Sätzen eliminiert. "Der haut schon ziemlich drauf, ich habe ein paar Ausschnitte gesehen", weiß Melzer. Doch wer innerhalb weniger Wochen Sandplatz-Größen wie Fernando Verdasco und nun in Paris David Ferrer geschlagen hat, muss sich vor einem Gabaschwili nicht fürchten. "Ich werde versuchen, zu vermeiden, die Bälle so zu spielen, dass er sie in seiner Höhe schlagen kann", verriet Melzer schon seine Taktik.

Varianten

Melzer hat sich mittlerweile, nicht zuletzt auch dank seiner Drop-Shots, ein variantenreiches Spiel angeeignet, das vor allem Spielern, die einen gewissen Rhythmus brauchen, wehtut. Sein Manager Ronnie Leitgeb warnte vor übertriebenem Optimismus: "Es ist eine sehr schwierige Situation. Es ist aus meiner Sicht fast noch eine schwierigere Aufgabe als gegen Ferrer, weil Jürgen da sicher in einer leichten Favoritenrolle ist. Auf der anderen Seite hat Gabaschwili bisher noch keinen Fehler gezeigt."

Gerade darauf baut aber auch Melzer. "Gegen mich muss er ganz anders spielen", so der Deutsch Wagramer. Und es war ihm nicht unangenehm, dass es nicht Andy Roddick wurde. Kein Wunder. Gegen den US-Amerikaner hat er eine niederschmetternde 0:10-Bilanz, gegen Gabaschwili hat er vor vier Jahren in Hamburg (Qualifikation) einen glatten Sieg gefeiert. "Das ist schon einige Zeit her, aber es hilft schon."

Viel geholfen auf dem Weg zum besten Jürgen Melzer, den es je gab, hat ihm der immer im Hintergrund stehende, bescheidene Joakim Nyström. Seit zweieinhalb Jahren betreut er Melzer und die schwedische Schule hat Melzer gut getan. "Er hat mich immer wieder Bälle reinspielen lassen, bis mir die Birne geraucht hat", erinnert er sich lächelnd. Genau diese Konstanz und diese Geduld hat Melzer enorm weitergebracht.

Sieg = Selbstvertrauen

Dass damit dann die Erfolge kamen, war letztlich nur eine Frage der Zeit. Der Sieg in Wien hat dem Österreicher viel Selbstvertrauen gegeben. "Vor allem, dass er in Madrid erfolgreich gespielt hat, war ein ganz wichtiger Baustein in Richtung Roland Garros", erinnert Leitgeb an das dortige Viertelfinale. Erstmals überhaupt hat Melzer dann in der Woche vor Paris kein Turnier bestritten, es gab ja auch erstmals in seiner Karriere kein Heimturnier in dieser Woche. Nun konnte er vorzeitig in die Seine-Stadt kommen, sich in aller Ruhe auf sein großes Ziel vorbereiten.

Es muss schon ein großer Stein gewesen sein, der Melzer vom Herzen gefallen ist. Immer wieder, elf Mal, nach verlorenen dritten Runden in Australien, Frankreich, England und den USA erklären zu müssen, warum er es denn wieder nicht ins Achtelfinale geschafft hat. "Das ist schön, dass ich das nicht mehr hören muss. Wir haben immer gesagt, wenn mir das einmal gelingt, schauen wir was dann passiert."

Geduld

Eine der Begründungen für seinen Aufstieg in Richtung Top 20: "Ich verwende oft den richtigen Schlag im richtigen Augenblick. Und ich spiele den Ball auch fünf, sechs Mal rein, anstatt schnell auf den Punkt zu gehen. Ich spiele viel mehr Rallyes als vor einem Jahr." Und er lässt sich auch von unglücklichem Spielverlauf nicht aus der Ruhe bringen.

"Wenn man Selbstvertrauen hat, das ist das wichtigste im Tennis. Ich habe genug Waffen, ich habe genug körperliche Kraft, man muss einfach alles kombinieren. Ich habe meinen Gameplan, den ich exekutiere." Melzer hat jetzt endlich eine schwere Auslosung überwunden, den zweitbesten Sandplatzspieler dieser Saison geschlagen. Jetzt kommt die Kür. "Ich weiß, was ich kann, das habe ich auf sehr hohem Niveau heute gezeigt, da muss ich weiter tun", erklärte der Wahl-Wiener nach seinem Sieg.

Sein bisschen Aberglaube wird ihn dabei nicht stören. "Ich verwende schon immer die selbe Dusche, aber wenn sie besetzt ist, warte ich nicht - so Banane bin ich auch nicht", erzählt er. Im Gegensatz zu manch anderem Kollegen. Seine anderen kleinen Eigenheiten? "Auf dem Platz bekommt immer das Ballkind, das zuerst da steht, das Handtuch. Ich nehme die Bälle immer von dort, von wo ich serviere. Und wenn ich einmal ein Turnier mit einer Dress (in einer Garnitur der gleichen Farbe-Anm.) begonnen habe, wechsle ich diese auch nicht mehr." Man wünscht ihm, dass er die weiß-blaue Dress noch länger nicht gegen die blaue austauschen muss. (APA)