Es gibt einen offiziellen Sieger - die Sozialdemokraten mit schwachem Ergebnis. Und einen, der umso stärker glänzt: Karl Schwarzenberg, 72-jähriger Senator und Vorsitzender der erst vor einem Jahr gegründeten konservativen Top-09-Partei. Der "Fürst" , wie der Vertreter eines der bekanntesten böhmischen Adelsgeschlechter landauf, landab genannt wird, erhielt als Prager Spitzenkandidat mit 46.087 mit Abstand die meisten Vorzugsstimmen. Der Top 09, die im Wahlkampf als eine der wenigen Parteien wagte, von Einsparungen zu sprechen, gelang es, die Kommunisten vom traditionellen dritten Platz zu verdrängen.
Der große Wahlerfolg des früheren Außenministers, der einst von den tschechischen Grünen in die Regierung geschickt wurde, basiert auf zwei Grundlagen. Zum einen setzte seine Partei massiv auf das Internet und die sozialen Netzwerke, womit die jungen Wähler angesprochen werden sollten. Zum anderen unterzog sich Schwarzenberg einer großangelegten Kontaktkampagne mit zahlreichen persönlichen Gesprächen - sozusagen als "Fürst zum Anfassen" . Den Rahmen dafür bildete oft, wie sich für Tschechien gehört, ein Wirtshaus, und die Veranstaltung hieß "Na pivo s Karlem" ("Auf ein Bier mit Karl" ). Eine Frage, die Schwarzenberg dabei immer wieder beantworten musste: Warum sich jemand wie er und in seinem Alter so etwas noch antue? Die Antwort war stets die gleiche: "Ich bin aus Verärgerung in die Politik gegangen."
In diesen Runden sprach man manchmal auch über politische Mitbewerber. Als Schwarzenberg gefragt wurde, was er von der populistischen Partei Öffentlichen Angelegenheiten (VV) halte, bemerkte er, dass ihm öffentliche Gebäude lieber wären, weil man wisse, was einen dort zu erwarten habe. Nun wird er wohl mit der VV in der Regierung sitzen. (rs/DER STANDARD, Printausgabe, 31.5.2010)