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Teflon-Mann Trichet:Während die EZB wegen Aufgabe der Unabhängigkeit angeprangert wird, erzählt der Präsident eine Erfolgsgeschichte:Die Zentralbank agiere unabhängig und "druckt kein Geld".

Foto: APA/Herbert Neubauer

Der Chef der deutschen Bundesbank, Axel Weber, hat am Montag seine Kritik an den Ankäufen von Staatsanleihen gefährdeter Länder durch die Europäische Zentralbank (EZB) intensiviert. Laut Weber birgt die Aktion "stabilitätspolitische Risiken" , zudem hätten die jüngsten Hilfsmaßnahmen für Griechenland und der Euro-Rettungsschirm das Fundament der Währungsunion beschädigt.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet (Bild) verteidigte in Wien den Kurs: "Wir halten uns an die Prinzipien des Vertrags, der Preisstabilität und die Unabhängigkeit der Zentralbank vorsieht." Kritik, dass die EZB trotz der Finanzierung des griechischen Haushalts durch Eurostaaten und Währungsfonds weiter Athener Anleihen aufkauft, kommentierte Trichet nicht. Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny begründete die Hilfsaktionen mit einem drohenden "Teufelskreis der Krise".

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Frankfurt/Wien - Drohender Verfall der Währungsunion; Talfahrt des Euro; Schuldenkrise der Eurozone gefährdet Weltwirtschaft; Unabhängigkeit der EZB geopfert;Kauf von Staatsanleihen setzt Inflationsspirale in Gang: Die Schlagzeilen der letzten Monate ließen sich beliebig fortsetzen. Am Präsidenten der Europäischen Zentralbank scheinen sie abzuprallen. Mit Worten wie "der Euro ist eine zuverlässige Währung" , und "wir drucken kein Geld" oder "wir sind voll unabhängig" versuchte er bei der volkswirtschaftlichen Tagung den Kritikern Wind aus den Segeln zu nehmen.

Dass die EZB erst Kriterien für die Annahme von Staatsanleihen als Sicherheit für Geldzufuhren lockerte und dann mit dem Kauf von Staatsanleihen ein weiteres Prinzip über Bord warf, begründet Trichet mit den Verwerfungen an den Märkten. Wenn jene für Staatsanleihen nicht mehr funktionierten, sei das gleich mit mehreren Gefahren verbunden. Wobei der EZB-Chef nicht verhehlte, dass das Programm vor allem den Banken zugute kommt.

Wenn Staatsanleihen verfielen, können sie nicht mehr ausreichend als Sicherheit für Inter-Bankenkredite verwendet werden, was letztlich auf die Kreditvergabe drücke. Zudem führe der Verfall der Kurse von öffentlichen Schuldverschreibungen zur Wertberichtigungen bei den Marktteilnehmern, in Folge hätten die Banken weniger Eigenkapital zur Verfügung und könnten weniger Kredite zur Verfügung stellen.

Bisher hat die EZB 40 Milliarden in den Kauf von Staatsanleihen gepumpt, davon 25 Mrd. Euro in griechische. Das verdeutlicht, dass die Notenbank vor allem die Banken schützt, denn der Athener Haushalt wird mittlerweile ohnehin von Eurostaaten und Internationalem Währungsfonds finanziert. Auf die Frage, warum die EZB derart hohe Summen in griechische Staatsanleihen stecke, sagte Trichet:"Kein Kommentar."

"Währungsunion beschädigt"

Kritik an der Vorgangsweise kommt insbesondere aus Deutschland. Am Montag bekräftigte Bundesbank-Chef Axel Weber, den Berlin als Trichet-Nachfolger positioniert hat, seine ablehnende Haltung zum Kauf von Staatsanleihen durch die EZB. Die jüngsten Hilfsmaßnahmen für Griechenland und der Rettungsschirm zu einer Abwendung einer Finanzmarktkrise hätten das Fundament der Währungsunion beschädigt, sagte Weber laut dpa.

Zuletzt waren aus Kreisen der Bundesbank laut Spiegel sogar Worte eines "französischen Komplotts" gefallen. Hintergrund ist, dass vor allem französische Banken vom EZB-Ankauf von Anleihen hoch verschuldeter Länder profitierten, während sich deutsche Institute zur Verlängerung ihres Engagements in den Problemstaaten verpflichtet hätten.

Wenn Weber nun eine "klare Trennungslinie der Zuständigkeiten zwischen Geldpolitik und Finanzpolitik" einmahnt, spricht er die laut Kritikern ramponierte Glaubwürdigkeit der EZBan, die sich dem Druck der Politik - insbesondere Paris - gebeugt habe. Trichet will davon nichts wissen. Man sei allein der Preisstabilität verpflichtet, meint der Franzose: Die Inflation liege seit Start der Währungsunion bei durchschnittlich 1,98 Prozent und damit voll auf Linie mit den Vorgaben (knapp zwei Prozent). Die Stabilität des Euro sei somit höher als jene der D-Mark, konnte sich Trichet einen kleinen Seitenhieb auf die Bundesbank nicht verkneifen. Nun gelte es freilich, mit einer strikten Budgetkontrolle eine neue Finanzkrise zu vermeiden. Nationalbank-Chef Ewald Nowotny warnte in diesem Zusammenhang vor einem Teufelskreis.

Die Folgen der Euro-Turbulenzen für die Konjunktur beunruhigen zusehends andere Wirtschaftsräume. Chinas Premier Wen Jiabao warnte davor, dass die europäische Staatsschuldenkrise zu einem neuen Wirtschaftsabschwung führen werde. (as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.6.2010)