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Für Sebastian Vettel war Istanbul keine Reise wert.

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Die Profiteure des Bullen-Blechsalats: Jenson Button und Lewis Hamilton. Ganz links Motorsport-Direktor Paddy Lowe.

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Istanbul - Design-Genie Adrian Newey begrub das Gesicht hinter den Händen, Teamchef Christian Horner trauerte 28 verlorenen Punkten nach. Und selbst Eigentümer Dietrich Mateschitz war alles andere als glücklich. Red Bull hat sich am Sonntag im Grand Prix der Türkei selbst um die Chance gebracht, in der Formel-1-WM davonzuziehen. Die Schuldfrage war nach der Kollision von WM-Leader Mark Webber mit seinem Teamkollegen Sebastian Vettel allerdings auch am Montag noch nicht restlos geklärt.

Vettel hatte den führenden Webber in der 40. Runde angegriffen, war aber auf der Geraden mit dem Australier kollidiert. Während die Aktion für Vettel das Aus bedeutete, rettete Webber hinter dem McLaren-Duo Lewis Hamilton und Jenson Button zumindest noch Rang drei ins Ziel. Platz hatte der 33-Jährige seinem elf Jahre jüngeren Stallrivalen sehr wenig gelassen. Dafür war Webber von einigen Seiten kritisiert worden, Vettel zeigte ihm nach der Kollision sogar unmissverständlich den "Vogel".

"28 Punkte auf dem Silbertablett"

Webber hatte sich allerdings bereits im Spritspar-Modus befunden, daher war Vettel auf der Geraden schneller gewesen. "Er hat noch eine schnelle Runde mehr im Tank gehabt", erklärte Horner. Es war Vettels einzige Chance, an seinem Teamkollegen vorbeizukommen. "Er ist ziemlich aggressiv hineingestochen", sagte Horner. Die Alleinschuld wollte er dem jungen Deutschen zwar keineswegs in die Schuhe schieben. "Trotzdem ist es enorm frustrierend. Wir haben McLaren 28 Punkte auf dem Silbertablett serviert."

In der WM führt Webber nun fünf Punkte vor Button und neun vor Hamilton. Vettel fiel mit 15 Zählern Rückstand auf Rang fünf zurück, auch in der Konstrukteurswertung übernahm McLaren um einen Punkt die Führung. Dabei hatten die Bullen auch im Istanbul Park über das überlegene Auto verfügt. Dementsprechend groß war der Ärger in der Konzernzentrale in Österreich - und der Spott der internationalen Presse. "Die Horn-Ochsen von Red Bull", titelte die deutsche "Bild"-Zeitung in ihrer Montag-Ausgabe.

Motorsportchef Helmut Marko bestätigte, dass auch Mateschitz verärgert auf den Vorfall reagiert hatte. Seinen langjährigen Schützling Vettel verteidigte der Steirer allerdings. "Vettel war schon deutlich vorne, als sie auf die Kurve zugefahren sind. Er musste auf seiner Linie bleiben", meinte Marko, als er sichtlich missgelaunt nach dem Rennen das Fahrerlager verließ. "Außerdem hat er von hinten enormen Druck von Hamilton bekommen. Er musste etwas tun, sonst hätte ihn Hamilton überholt."

Druck - der scheint an Vettel nicht spurlos vorüber zu gehen. Und durch die Stärke seines von der Öffentlichkeit lange unterschätzten Teamkollegen dürfte er sich potenzieren. Bereits nach den beiden vergangenen Siegen Webbers in Barcelona und Monaco hatte Vettel seine gewohnte Lockerheit vermissen lassen. Längst ist nicht mehr alles eitel Wonne beim österreichisch-englischen Rennstall, der die WM mit Neweys "Wunderauto" eigentlich dominieren sollte.

Kein Lagerdenken

Vettel gilt als Fahrer aus dem eigenen Nachwuchsprogramm als Liebkind von Red Bull, Webber genießt vor allem im englischsprachigen Teil des Rennstalls große Sympathien. Ein Lagerdenken zwischen den Briten, die die operativen Geschäfte führen, das Auto bauen und die Fabrik in Milton Keynes betreiben, und den deutschsprachigen Entscheidungsträgern wird allerdings von allen Beteiligten heftig zurückgewiesen. "Das ist nicht wahr. Wir behandeln unser Team und beide Fahrer absolut gleich", betonte Marko.

Bis zum nächsten Rennen in zwei Wochen in Montreal soll die Sache aus der Welt geschafft sein. "Die ganze Situation war unnötig", meinte Marko. "Wir werden mit allen Beteiligten sehr klare Worte sprechen, damit so etwas nicht mehr passiert." Denn durch ein überhart geführtes Stallduell werden nur der Konkurrenz Flügel verliehen. Diesmal war Hamilton der Nutznießer. "Red Bull Gives You Wins", spottete die englische Boulevardzeitung "The Sun" in Anlehnung an den Marketingspruch "Gives You Wings". (APA/Reuters/AFP)