Prag - Der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus hat am Montag die Sondierungsgespräche mit den Parteichefs über die künftige Regierung aufgenommen. Auf der Prager Burg empfing er nacheinander die Spitzenvertreter von allen fünf Parteien, die den Einzug ins Abgeordnetenhaus geschafft hatten, zu separaten Treffen. Zunächst wurde nicht bekannt, wen der Staatschef mit der Regierungsbildung beauftragen wird.

Den Anspruch dafür meldeten die siegreichen Sozialdemokraten (CSSD), obwohl deren Chancen für die Bildung eines Kabinetts wegen mangelnder Koalitionspartner als minimal eingeschätzt werden. "Wir würden sehr schnell handeln", sagte der Vizechef der CSSD Bohuslav Sobotka nach dem Treffen mit Klaus. Der Präsident werde seine Entscheidung abwägen und danach handeln und die CSSD sei bereit, dies zu respektieren, so Sobotka, der zuvor selbst gestanden hatte, dass das Lager von drei Mitte-Rechts-Parteien bessere Aussichten für die Bildung einer Regierung habe.

Neue Regierung

Die neue Regierung wird daher voraussichtlich von den konservativen Parteien ODS, TOP 09 und Öffentliche Angelegenheiten gebildet. Sie verfügen über 118 der 200 Sitze im Parlament und haben bereits ihren Willen bekundet, eine Koalition einzugehen. Während die Sozialdemokraten und die ODS bei der Wahl herbe Verluste hatten hinnehmen müssen, waren die neu gegründeten Parteien TOP 09 und Öffentliche Angelegenheiten die großen Wahlsieger. Sie erhielten nach aktuellem Stand 16,7 beziehungsweise 10,9 Prozent der Wählerstimmen. Die Kommunisten erzielten mit 11,3 Prozent ein relativ schwaches Ergebnis.

Klaus hat bei der Erteilung des Regierungsauftrages völlig freie Hand. Laut der Verfassung kann er ihn an beliebige Personen vergeben, nicht unbedingt an den Vertreter der siegreichen Partei. Allerdings ist dies eine Tradition in Tschechien.

"Wir haben vereinbart, dass wir eine Vereinbarung erzielen", erklärte Karel Schwarzenberg (TOP 09) am Montag. Er hoffe, dass die Regierungszusammenarbeit des Mitte-Rechts-Lagers die ganze vierjährige Legislaturperiode aushalten werde. Tschechien solle mit einer neuen Regierung "nicht über Ungarn nach Griechenland, sondern eher in Richtung Skandinavien gehen", sagte Schwarzenberg mit Blick auf die steigende Verschuldung der Staatskasse.

"Grünes Licht" für Temelin

Personelle Fragen kamen laut den Teilnehmern der Gespräche noch nicht zu Sprache. Die Medien spekulieren jedoch unterdessen über die mögliche Besetzung der Ministerien. Während der amtierende Chef der zweitplatzierten Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Petr Necas, als Premier im Gespräch ist, kommt Schwarzenberg als Außenminister infrage, hieß es.

Laut der tschechischen Tageszeitung "Lidove noviny" hat der in Aussicht gestellte Ausbau des südböhmischen Atomkraftwerkes Temelin nach den Parlamentswahlen "grünes Licht" bekommen, da die Grünen den Einzug ins Unterhaus nicht geschafft haben. Alle drei Parteien der wahrscheinlichen künftigen Koalition ODS/TOP 09/VV unterstützen nämlich die Erweiterung des Kraftwerkes um zwei zusätzliche Blöcke.

"Wir unterstützen den Ausbau Temelins auch um den Preis, dass einige kleinere Projekte gestoppt werden sollten", zitierte das Blatt den VV-Chef Radek John. Der Vizechef von TOP 09, Miroslav Kalousek, sagte dazu, "wir sind dafür, wir werden um einen vernünftigen energetischen Mix bemüht sein". Die ODS hatte den Ausbau Temelins schon mehrmals zuvor unterstützt. (APA)