Frankfurt - Die Gefahr einer Kreditklemme in der Eurozone ist vorerst nicht gebannt. Ein Alarmzeichen lieferten die am Montag von der EZB veröffentlichten Daten zu den Firmenkrediten, die im April auf das niedrigste Niveau seit fast zwei Jahren gefallen sind. Im Vergleich zum Vormonat brach die Darlehensvergabe um 14 Mrd. Euro ein, wie die Europäische Zentralbank (EZB) mitteilte. Geringer war die ausgereichte Kreditsumme zuletzt im Juni 2008 - also wenige Monate vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise.

Mehr als ausgeglichen wurde der Rückgang jedoch durch eine kräftig gestiegene Zahl von Krediten an Privathaushalte, die in der Summe um 17 Mrd. Euro zum Vormonat zulegte. Die in diesem Posten zusammengefassten Verbraucherkredite, Hypothekendarlehen und andere Ausleihungen lagen zugleich den sechsten Monat in Folge höher als im Vorjahreszeitraum. Im April wurden somit insgesamt 0,1 Prozent mehr Kredite an den gesamten privaten Sektor vergeben als im Vorjahr.

Experten sehen dennoch keinen Grund zur Entwarnung, da der Rückgang bei den Firmenkrediten bedenklich stimmt: "Auch wenn man eine niedrige Nachfrage nach Geschäftskrediten unterstellt, so bleibt doch eine Sorge: Die Erholung in der Eurozone könnte dadurch gebremst werden, dass in den kommenden Monaten eine bedeutende Anzahl von Firmen nicht an die benötigten Kredite kommen wird" , sagte Ökonom Howard Archer von Global Insight. Angesichts der Schuldenkrise und der Sparpolitik in vielen Euroländern sieht er zugleich das Risiko, dass der Aufschwung nur zögerlich in Gang kommt. Dies könnte die EZB dazu zwingen, die historisch niedrigen Leitzinsen bis weit ins nächste Jahr bei einem Prozent zu belassen. (Reuters, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.6.2010)