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Der hohe Schadstoffausstoß von Kohlekraftwerken - hier das Werk Staudingen in Hanau - führt in Deutschland zu Protesten.

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Nicht nur dass die internationalen Klimaschutzbemühungen kaum Schwung haben, mit dem weltweit zu beobachtenden Ausbau von Kohlekraftwerken wird der CO2-Ausstoß stark steigen.

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Wien/Bonn - "Das eigentlich Skandalöse ist, dass diese Kohlekraftwerke mit Geldern von Weltbank und anderen Entwicklungsbanken finanziert werden - und staatliche Exportförderungsagenturen in den OECD-Ländern den Bau dieser Kraftwerke fördern."

Bruce Rich ist US-Umweltjurist und Weltbank-Experte, der für den Environmental Defense Fund arbeitet. In einer Studie hat er nachgewiesen, dass der Energieausbau in den meisten Schwellen- und Entwicklungsländern auf Kohle basiert. Dies wäre grundsätzlich vernünftig, ist Kohle doch im Gegensatz zu Erdöl noch geschätzte 120 Jahre ausreichend verfügbar. Aus Klimaschutzüberlegungen aber ist der massive Bau von Kohlekraftwerken kontraproduktiv: Beim Verbrennen von Kohle entsteht etwa doppelt so viel klimaschädigendes Kohlendioxid (CO2) wie beim Verbrennen von Erdgas.

Während in der EU-Kommission deshalb überlegt wird, ab 2020 oder spätestens ab 2030 innerhalb der Union nur mehr den Neubau solcher Kohlekraftwerke zuzulassen, die gleichzeitig eine CO2-Abscheideanlage aufweisen, wird international mit dem Bau von Kohlekraftwerken kräftig Geschäft gemacht. Laut Rich wurden zwischen 1994 und 2009 weltweit 88 neue Kohlekraftwerke finanziert. "Dies beeinflusst die Art der Energiegewinnung der Länder für Jahrzehnte" , sagt er. "Schließlich sind diese Anlagen 40, 50 Jahre lang in Betrieb."

Florierendes Anlagengeschäft

Groß im Geschäft ist Japan, das über die Japan Bank for International Cooperation (JBIC) 21 solcher Projekte finanzierte. Die Weltbank war in 29 Kraftwerksprojekte involviert; die deutsche Exportversicherungsagentur Euler Hermes in fünf und die EBRD (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung) in neun.

Die 88 Kraftwerke werden künftig 792 Millionen Tonnen CO2 emittieren - pro Jahr. "Während mühsam darüber verhandelt wird, wie künftig weniger CO2 in die Atmosphäre gelangen könnte, wird da eine Infrastruktur finanziert, die einen gemeinsamen CO2-Fußabdruck hat, der so hoch ist wie drei Viertel aller bestehenden Kohlekraftwerke in der EU" , rechnet Rich vor. Er beklagt, dass es kaum politischen Druck gibt, was den Kraftwerksbau in Entwicklungsländern betrifft. Zumindest die Weltbank sollte sich verpflichten, ihre Gebertätigkeit mit Umweltrichtlinien zu verknüpfen.

Trotzdem hält Rich nichts von CO2-Abscheidungsanlagen. Diese CCS ("carbon capture storage" ) genannte Technologie sei zu energieintensiv. Zwischen 25 und 45 Prozent des Energie-Outputs eines Kraftwerks müssen dafür aufgewendet werden, dass das Treibhausgas verflüssigt und in unterirdische Lager verfrachtet wird. "Das verdoppelt die Kosten".

Zur Vorbereitung der nächsten Weltklimakonferenz in Mexiko wird unter der Ägide des Klimasekretariats der UN bis 11. Juni in Bonn an einem Text gearbeitet, der die Grundlage für ein neues Weltklimaabkommen bilden soll. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.6.2010)