Wien - Mag sein, dass sich Johann Tschürtz mehr erhofft hat - bei der Nationalratswahl hatte die FPÖ jedenfalls mehr herausgeholt. Und dass er noch einige Stunden bangen muss, ob das vierte Mandat hält, ist ebenfalls unangenehm. Aber die Freiheitliche Partei kann sich darüber freuen, dass sie als Einzige klare Zugewinne (nämlich in beinahe jeder Gemeinde) hatte.

Gewaltiges Potenzial bei Nichtwählern

Für die FPÖ läuft es wieder einmal darauf hinaus, wie stark sie mobilisieren kann - Wahltagsbefragungen und Wählerstromanalyse weisen darauf hin, dass es wenig blaue Stammwähler, aber ein gewaltiges Potenzial im Bereich der Nichtwähler gibt. Im Burgenland wurde das (wie auch bei der Bundespräsidentenwahl) nur teilweise genützt - aber das sagt wenig für die anstehenden Wahlgänge aus.

Bedeutsam wird das vor allem in Wien, wo Heinz-Christian Strache sich gerne als Duellant von Bürgermeister Michael Häupl stilisiert. Die Wiener Freiheitlichen sind überzeugt, dass "Häupls Wahldesaster nur noch eine Frage der Zeit" sei. FPÖ-Chef Strache möchte - nach der Rosenkranz-Schlappe bei der Bundespräsidentenwahl - in Wien nichts mehr falsch machen.

Thematische Verbreiterung

Kurz nach dem Wahlgang Ende April hatte es ja in der FPÖ eine leichte Unruhe gegeben, Bundesländer-Funktionäre hatten die rabiate Linie der Wiener Zentrale angegriffen. Gleichzeitig wurde in vielen Medien diskutiert, ob die Siegessträhne der FPÖ vielleicht ganz abgerissen wäre. Strache reagierte gelassen - er setzt nunmehr auf eine personelle und thematische Verbreiterung seiner Partei.

Die Unternehmerin Barbara Kappel soll etwa Wähler in der Mittelschicht ansprechen, die mit Straches ausländerfeindlichen Tönen wenig anzufangen wissen.

Auch in der Steiermark, wo die FPÖ vor fünf Jahren aus dem Landtag geflogen ist und sich durch den relativen Erfolg der Kommunisten gedemütigt sah, ist die Stimmung derzeit wieder gut - die 17,3 Prozent, die bei der Nationalratswahl erreicht wurden, gelten als Ansporn. Aber: Für einen Sitz in der Landesregierung müsste die FPÖ zweistellig werden, was nach derzeitigen Prognosen nicht der Fall sein wird. (cs, mue, fern/DER STANDARD-Printausgabe, 1.6.2010)