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Auch dem Vatikan unter Papst Benedikt XVI. droht nun ein Finanzskandal. Dabei geht es um Konten, die die Vatikanbank Ior bei der UniCredit hat.

Foto: Reuters/fano Rellandini

In Italiens Bankenwelt braut sich ein Gewitter zusammen. Die Mafia soll Konten der Vatikanbank Ior, die diese bei der UniCredit hat, für Steuerflucht und Geldwäsche genutzt haben. Ermittlungen laufen.

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Mailand - Es sind schwere Geschütze, die derzeit gegen die Vatikanbank Ior aufgefahren werden. Die Bank soll von der Mafia für verschiedenste Geschäfte benutzt worden sein. Laut der TV-Sendung Reporter wurden 2006 eingeleitete Untersuchungen über die wenig transparenten Transaktionen der Vatikanbank und deren Bankpartner, Banca di Roma (heute UniCredit) "im Keim erstickt" . Dies bestätigte ein Ex-Manager der Banca di Roma in dem Bericht. Die Sendung gilt als eine der wenigen zuverlässigen Beispiele für Aufdeckungsjournalismus in Italien.

Konten ohne Namen

Seit gut einem Vierteljahrhundert soll die Vatikanbank Ior (Istituto per le Opere di Religione) ein Konto bei der Banca di Roma unterhalten - diese zählt seit 2007 zum Imperium der Bank Austria Mutter UniCredit. In der UniCredit-Filiale an der Grenze zwischen dem Vatikanstaat und Italien sollen jährlich bis zu 60 Mio. Euro bewegt werden. Bei einem Großteil der Transaktionen zwischen Ior und UniCredit sei weder bekannt, wem das Konto gehöre noch, wer Zugriff darauf habe. Die Konten würden nur auf den Namen der Vatikanbank laufen, was dem italienischen Gesetz gegen Geldwäsche widerspreche.

Als 2006 die interne Bankaufsicht bei der Banca di Roma auf das verdächtige Ior-Konto aufmerksam wurde, soll nicht nur Bankpräsident Cesare Geronzi (derzeit Präsident des Versicherers Generali) sondern auch die Staatsanwaltschaft informiert worden sein. Geronzi soll damals seinen Vertrauensmann, den für die Beziehungen zum Vatikan verantwortlichen Manager Marco Simeon, mit der Angelegenheit betraut haben. Ihm soll es gelungen sein, die Angelegenheit versanden zu lassen.

Über die zum Jahresende 2009 neuerlich eingeleiteten Ermittlungen der römischen Staatsanwaltschaft zur Untersuchung der Ior-Konten bei der römischen UniCredit-Filiale wurde bislang nichts bekannt. Ermittelt wird gegen Unbekannt. Da sich die UniCredit-Filiale auf italienischem Boden befindet, fallen die Konten in die Zuständigkeit der italienischen Bankenaufsicht, der Banca d'Italia. Ior gilt als ausländische Bank. Die Vatikanbank operiert top secret: Ihre Geschäfte finden nicht einmal in der Bilanz des Vatikanstaats Niederschlag.

Der Verdacht, dass die Vatikanbank die UniCredit-Filiale als Vehikel genutzt haben könnte, um Mafia-Geld zu waschen, verdichtet sich. "Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre bestehe aber die Gefahr, dass die Ermittlungen neuerlich im Sand verlaufen" , sagte auch Vatikan-Experte Gianluigi Nuzzi zum Standard. Es sei schließlich nicht das erste Mal, dass Ior im Verdacht der Geldwäsche steht. Nuzzi verwies auch darauf, dass Ex-Ior-Präsident Kardinal Marcinkus nur dank seines Diplomatenpasses nicht von der Justiz belangt worden sei. Marcinkus' Nachfolger, Angelo Caloia, trat im Herbst 2009 zurück. Er stand im Verdacht, mit den Mafia-Finanzen eng verbunden gewesen zu sein. Der erzkonservative Nationalökonom Ettore Gotti Tedeschi hatte im Vorjahr die Führung von Ior übernommen. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.6.2010)