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Die Hainburg-Besetzung im Winter 1984 war Kristallisationspunkt der österreichischen Grün-Bewegung. Sie könnte bald wieder gefordert sein.

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Wien - Offiziell mag niemand an den international geschützten und sowohl ökologisch als auch kulturgeschichtlich bedeutsamen freien Fließstrecken der Donau rühren. Wenn aber das Europä-ische Schifffahrts-Abkommen (AGN-Abkommen), das am Dienstag durch den Verkehrsausschuss des Nationalrats geschleust werden soll, in Kraft tritt, könnte Österreich sogar verpflichtet sein, die letzten beiden freien Strecken in der Wachau und unterhalb von Wien in einen Kanal mit Stauhaltung (und praktischerweise je einem Kraftwerk) zu verwandeln.

Diese Befürchtung hegt jedenfalls der Umweltdachverband (UWD), der Österreichs mitgliedsstärkste Umweltorganisationen vertritt und strikt gegen weitere Kraftwerksbauten an der Donau ist. UWD-Präsident Gerhard Heilingbrunner war 1984 als Umweltreferent der Hochschülerschaft (ÖH) der Organisator der Au-Besetzung bei Hainburg, die den Bau des Donaukraftwerks in der Au verhindert hat.

Dem STANDARD erklärte er, warum er gegen neue Staustufen ist, die der Schiffbarkeit der Donau dienen würden: "Fest steht, dass der Güterverkehr auf der Donau rückläufig ist. Das Transportaufkommen auf dem österreichischen Streckenabschnitt ist 2009 um 17 Prozent auf 9,3 Millionen Tonnen gesunken. Da jetzt auf Teufel komm raus einen Ausbau zu betreiben, ist auch wirtschaftlich nicht gerechtfertigt. Vielmehr müsste man versuchen, eine ökologisch vertretbare Nutzung von Wasserstraßen voranzutreiben - also nicht den Fluss denSchiffen, sondern die Schiffe dem Fluss anzupassen."

Planungen an der Donau müssten nachhaltig sein und den gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechen - also auch der Wasserrahmenrichtlinie der EU, die vorsieht, dass der Zustand von Fließgewässern nicht verschlechtert werden darf. Die Zeichen weisen allerdings in eine andere Richtung: In der Slowakei gibt es Überlegungen, bei Malacky einen Transkontinentalen Transit-Terminal zu errichten, der die Wasserstraße Donau mit Bahn und Flughafen sowie einem neu projektierten Donau-Oder-Elbe-Kanal verbindet.

Die ursprünglichen Pläne dafür reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück, ein kleines Teilstück wurde 1940 in der Lobau als Adolf-Hitler-Kanal ausgehoben. Egal, ob da oder (nach slowakischen Überlegungen) am Unterlauf der March gebaut würde: Es gäbe massive Eingriffe in die Natur - und die Zerstörung des Nationalparks Donauauen. Heilingbrunners UWD hat sich daher an die zuständigen Minister und an alle Abgeordneten gewendet, um das Schifffahrtsabkommen zu kippen. (Conrad Seidl/DER STANDARD-Printausgabe, 1.6.2010)