Regionalwahlen sind Gift für eine Koalition auf Bundesebene. Der eine verliert mehr, der andere weniger, einer wird nervös, der andere ganz boshaft - und schon hängt der Hausfrieden schief. Noch schiefer. Und bei allen Besonderheiten eines Wahlergebnisses auf Landesebene lässt sich für die Parteichefs in Wien daraus immer auch ein Trend ablesen, der sie selbst berührt.

Die Lehren aus dem burgenländischen Ergebnis: Es läuft für beide Regierungsparteien nicht gut. Da liegen schon die Nerven blank. Und für die Grünen läuft es verheerend.

Die SPÖ schafft die Trendwende nicht, sie kann keine Wahlen gewinnen. Auch wenn ein Ergebnis von fast 50 Prozent eine Machtdemonstration ist: Es bleibt wieder ein Minus stehen, und viel stärker wahrgenommen wird noch der Verlust der absoluten Mehrheit. Der Rückenwind, auf den Faymann so gehofft hatte, er bleibt aus.

Das Generalthema Gerechtigkeit, das die SPÖ seit Monaten ansteuert, stößt auf Widerhall. Bankensteuer, Finanztransaktionssteuer, auch wenn die wenigsten wissen, was das ist, Druck auf Europa, da verstehen die Leute die Botschaft: Jetzt sollen die Reichen zahlen. Der Vorwurf des Populismus ist berechtigt, aber akademisch. Am Ende zählt, was bei den Leuten ankommt. Da setzt Faymann auf klare Botschaften. Sein Versuch, eine Meinung zu haben und diese auch zu vertreten, selbst wenn Pröll dann böse ist, funktioniert in Ansätzen, hat bislang aber noch nicht zur großen Vorwärtsbewegung geführt.

Mit der Vorwärtsbewegung hat auch die ÖVP ein Problem: Die Mindestsicherung abzulehnen, weil es bei der Transparenzdatenbank an der Auflistung von Agrarförderungen hakt - wer soll das verstehen? Das ist keine gute Politik. Vielleicht sollte Pröll wieder mehr seinem Instinkt und weniger seinen Einflüsterern vertrauen. Die beständige Aufwärtsbewegung, die einsetzte, als er im November 2008 die Volkspartei übernahm, ist gebrochen. Auch wenn sich Pröll noch so sehr über den Verlust der SP-Absoluten freut: Für seine Partei setzte es das historisch schlechteste Ergebnis im Burgenland. Dass Pröll alles gelingt - war einmal. Der Weg zum Kanzleramt ist weit und steinig.

Der vorübergehende Abgang der Grünen aus dem burgenländischen Landtag macht deren Krise sichtbar. Ihr "Wording", wonach alle anderen schuld sind, zeigt die Realitätsverdrängung auf, der sich der Parteiapparat hingibt. Dazu kommen ein beliebiges Auftreten, Themen meist abseits der Politik und eine missglückte Personalpolitik: Wer ist Michel Reimon, und warum ist Werner Kogler plötzlich steirischer Spitzenkandidat? Das führt zu politischen Ergebnissen knapp an der Wahrnehmbarkeit. Da wird in Wien, dem stärksten Bundesland der Grünen, eine enorme Kraftanstrengung notwendig sein, um die Last der bundespolitischen Trägheit abzuschütteln.

Die Freiheitlichen? Die Sieger, wieder einmal, aber ohne Glanz. Neun Prozent mögen im Burgenland ein Erfolg sein - um ernst genommen zu werden, muss Heinz-Christian Strache in Wien aber ein Mehrfaches einfahren.

So gesehen hat das Burgenland nur Loser hervorgebracht. Einen Sieger wird es erst in der Steiermark geben. Dann wird die Schlacht um Wien eröffnet. Und bis dahin steht der Koalitionsfrieden auf dem Kopf. (Michael Völker/DER STANDARD-Printausgabe, 1.6.2010)