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. Israels Behörden gaben Dienstag weitere Aufnahmen der Aktion und von Waffen frei, die die Aktivisten benutzt haben sollen. Alles unterliegt der Militärzensur.

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Unterdessen nahmen zwei neue Schiffe Kurs auf Gaza.

Eine heftige Debatte darüber, wie die israelischen Marinekommandos den propalästinensischen Aktivisten "in die Falle gehen" konnten, wurde gestern in Israel geführt. Die Armee hätte wissen müssen, dass auf dem türkischen Schiff "Mavi Marmara" auch Messer und Schlagstöcke bereitlagen, lautete die Kritik, und man hätte die Soldaten nicht "bloß mit Paintball-Gewehren" bewaffnet auf dem Deck absetzen dürfen. Die Linksopposition forderte eine staatliche Untersuchungskommission, die feststellen solle, wer den blutigen Ausgang zu verantworten habe. "Das Ergebnis ist schlecht, und der Schaden ist groß" , räumte Minister Dan Meridor ein. Israel habe "schon viele Schiffe" auf dem Weg nach Gaza gestoppt, "die Methode hat immer gut funktioniert – diesmal hat sie bei fünf Schiffen gut funktioniert, beim sechsten Schiff hat sie schlecht funktioniert" .

Die Passagiere waren in der Nacht auf Dienstag einzeln von Bord der sechs Schiffe geholt und zunächst in einem Zelt im Hafenareal von Ashdod registriert worden. Am Vormittag waren rund 50 von ihnen, die zur sofortigen Ausreise bereit waren, schon außer Landes gebracht oder warteten auf dem Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv auf ihren Abflug. Die Türkei wollte drei Flugzeuge nach Israel schicken, die die zahlreichen türkischen Staatsangehörigen abholen sollten. 630 Ausländer, die mit den Israelis nicht kooperieren wollten, wurden in ein Gefängnis nahe Beer-Scheva verfrachtet und sollten dort verhört werden. Darunter befanden sich viele Europäer, aber auch Bürger arabischer Staaten. Jene, die an Gewaltakten beteiligt waren, sollen vor Gericht gestellt werden, kündigte der israelische Sicherheitsminister an. 45 Ausländer, großteils Türken, lagen in israelischen Krankenhäusern. Zwei von ihnen sollen sich weigern, sich in Israel operieren zu lassen.

Die israelischen Bürger, die mit der abgefangenen "Freiheitsflotte" mitfuhren, werden separat behandelt. Eine arabische Abgeordnete zum israelischen Parlament wurde schon in der Früh freigelassen und konnte nach Nazareth heimfahren. Gegen vier israelische Araber lief eine polizeiliche Ermittlung, unter ihnen Scheich Raed Salah, ein prominenter Führer der Islamischen Bewegung in Nordisrael. Nach den Kämpfen auf hoher See hatte es Gerüchte gegeben, wonach Salah getötet oder schwer verletzt worden sei. Nun wird er verdächtigt, auf dem Schiff einen Molotowcocktail geworfen zu haben. Zugleich hatten die Israelis mit der Entladung und Kontrolle der Hilfsgüter begonnen, die auf den Schiffen transportiert wurden. Es hieß, dass die Güter per Lastwagen in den Gazastreifen gebracht werden sollten.

Ägypten öffnete gestern seinen gewöhnlich geschlossenen Grenzübergang zum Gazastreifen, doch inzwischen schien sich schon die nächste Konfrontation vor der Küste anzubahnen. Die Bewegung "Freies Gaza" will demnächst mit zwei weiteren Schiffen versuchen, die Blockade zu durchbrechen. Eines davon war aus Irland losgefahren, konnte aber den Schiffsverband nicht mehr rechtzeitig erreichen, das andere war mit einem Defekt bei Zypern hängengeblieben. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, Printausgabe, 2./3.6.2010)