Wien - In Fjodor Dostojewskis drittem Roman wird eine russische Provinzstadt von "bösen Geistern" (oft als "Dämonen" übersetzt) heimgesucht. Aus dem intendierten Pamphlet gegen den Nihilismus wurde ein großer Roman über die Frage der Freiheit und das Bewusstsein des Menschen: Der junge Nikolaj Stawrogin steht im Mittelpunkt einer Gruppe radikaler Idealisten, denen eine aggressive Neuordnung der Gesellschaft vorschwebt.

Bei den Festwochen gastiert seit Donnerstag Peter Steins Dramatisierung: Mit italienischen Schauspielern erarbeitete der deutsche Regisseur 2009 auf seinem umbrischen Landgut eine detailgenaue Nacherzählung des Romans.

Das Ensemble stürzt sich im Museumsquartier mit Verve und Witz in den zwölfstündigen Marathon. Das italienische Temperament steht den durchgeistigten Charakteren erstaunlich gut zu Gesicht. Auf der schlichten Bühne kommt mit Maddalena Crippa als Witwe Warwara Petrowna keine Langeweile auf. Vor der ersten Pause spitzt sich der Konflikt zu: Der junge Pjotr Werchowenskij geht mit den Vätern, die nur "pompöse Worte und wirre Ideen" hätten, hart ins Gericht, seine Generation will nun handeln. Ein gewaltiges Unterfangen. (Isabella Pohl / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.6.2010)