Die klassischen Glühkerzen haben ausgedient.

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Wien – Das EU-Verbot der Glühbirnen und Glühkerzen sorgte für  Ärger und Unverständnis. Eine derartige Zwangsmaßnahme für rund zwei Prozent des gesamten Energieverbrauches – für viele eine reine Gefälligkeitsaktion für die Sparlampen erzeugende Industrie. Und das, obwohl Sparlampen zwar deutlich weniger Strom verbrauchen, aber wegen ihrer Inhaltsstoffe  ökologisch bedenklich sind – und von der Lichtqualität immer noch nicht das Gelbe vom Ei. Oder besser gesagt: das Lumen vom Kelvin.

Was nun für Otto Normalstromverbraucher ein lästiges Ärgernis war – stellte Institutionen wie das Schloss Schönbrunn vor eine gewaltige Aufgabe:  Wie soll die imperiale Pracht künftig erhellt werden? In den Prunksälen kann man schließlich nicht irgendwelche Sparkerzen in die Luster schrauben, die dann diffuses Dämmerlicht erzeugen.

Mit der derzeit laufenden Generalsanierung der Großen Galerie wurde die Lichtfrage eine brennende – wenn in einem Jahr die erste Etappe abgeschlossen ist, muss auch das neue Beleuchtungssystem in Betrieb gehen.

"Die EU-Kommission hat mit dem Glühbirnen-Verbot das volle Bummerl auf sich genommen", bilanziert Schönbrunn-Geschäftsführer Wolfgang Kippes nach Wochen der Messung, Testung und Auswahl. "De facto ist aber ein unglaublicher Zug zur Innovation entstanden. Denn inzwischen steht fest: Die Zukunft der imperialen Erhellung wird mit LED-Lichtpunkten eingeleuchtet – und in diesem Bereich gibt es inzwischen Lösungen, die noch vor ein paar Jahren unmöglich schienen.

"G’spiebenes Grün"

"Entscheidend ist zum einen die Farbtemperatur", erläutert Kippes. "Früher hatten LED-Leuchtmittel 6000 Grad Kelvin – ein blauweißes, kaltes Licht. Einfach unerträglich." Vor einiger Zeit waren etwa Power-LEDs für die Außenbeleuchtung der Schönbrunner Fassade getestet worden. "Das Schönbrunnergelb wäre zu einem g’spiebenen Grün geworden", erinnert sich Kippes mit Grausen. Inzwischen gibt es aber LED-Lampen mit differenzierter Lichtqualität, die eine vertraute Farbwiedergabe garantieren.

Bei einem Betrieb wie Schönbrunn kommen aber noch mehr Faktoren ins Spiel – zum Beispiel: Wie hoch ist die Lichtleistung, die pro verbrauchter Energieeinheit dann wirklich an der Wand ankommt? Sprich: "Wie viel Lumen bekomme ich pro Watt?" Und: Welcher Aspekt wiegt mehr? Der streng historische des Kerzenlichtes – oder der seinerzeit beabsichtigte imperiale, repräsentative Effekt? Wurde damals ein Saal herrschaftlich mit Kerzen erleuchtet, würden das heutige Augen als reinen Grotteneffekt empfinden.

Und eine nicht zu unterschätzende Frage ist die Lebensdauer der Leuchtmittel: "Eine klassische Glühkerze hat eine Lebensdauer von rund 1000 Stunden", erläutert Kippes. "Das heißt, dass jede Glühkerze im Schnitt dreimal pro Jahr auszutauschen war. Bei 900 Lichtpunkten allein in der Großen Galerie ist das ein unglaublicher Aufwand." Moderne Lichtspender mit einer Lebensdauer von 40.000 bis 60.000 Stunden wären auch personell ein gewaltiges Sparpotenzial.

Unter diesen Prämissen wurden nun insgesamt acht Beleuchtungssysteme getestet und diskutiert, die inzwischen angeboten werden. Die einen haben die LED-Technik im bisher gewohnten Leuchtkörper integriert, die anderen verstecken sie im Schaft der Kerzenimitate. Manche Systeme bieten auch den gewünschten Flacker-Effekt: Denn nur wie beim Flackern einer Kerze kommt der Hochglanzeffekt der Polierweiß-Wände voll zur Geltung.

So wie es aussieht, erfüllt derzeit ein System am besten die hohen Ansprüche der Schönbrunner: Die von PodPod designte LED-Kerze von Schrutek/Osram. Sie bietet rund 75 Lumen pro Watt, eine Farbtemperatur von 3000 Kelvin – und eine Lebensdauer von 40.000 Stunden. Ergänzend dazu könnte auch die schwach leuchtende "Smartcandle" zum Einsatz kommen, die den Effekt einer flackernden Kerze verblüffend gut wiedergibt.

Aber noch lassen sich die Schönbrunner Zeit. "Das ist eine Entscheidung für das ganze Schloss – und da geht es um  20.000 Lichtpunkte", betont Geschäftsführer Kippes. "Derzeit hätten wir nur einen einzigen Anbieter – aber wir schreiben erst in einem halben Jahr aus."

Dass in dieser Zeit noch weitere Angebote kommen werden – daran hat Kippes keinen Zweifel: "Alle Hersteller haben höchstes Interesse daran, ein 'Modell Schönbrunn' auf den Markt zu bringen, das sie dann promoten und vermarkten können." (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, Printausgabe, 5.6.2010)