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Hauptsache, die Kugel rollt: Kaum Erfolgskontrolle und eine zu enge Begriffsdefinition sind die wesentlichen Schwachpunkte von Talentmanagement in heimischen Unternehmen.

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Stephan Laske, Uni Innsbruck.

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Österreichische Unternehmen definieren den Begriff Talentmanagement zu eng und kümmern sich dabei nur um angehende Führungskräfte. Fachliche Talente bleiben häufig auf der Strecke. Damit begründet Stephan Laske, Leiter des Instituts für Organisation und Lernen an der Universität Innsbruck, das schlechte Abschneiden bei seiner Studie zu Talentmanagement in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Insgesamt vereinen die an der Studie beteiligten Unternehmen rund 500 Milliarden Euro Gesamtumsatz und beschäftigen 1,6 Millionen Mitarbeiter.

Das gesamte untere Viertel mit den schlechtesten Werten wird ausschließlich von Unternehmen aus Österreich besetzt, so das Ergebnis der Studie unter börsennotierten Unternehmen der D/A/CH-Region. "Talentmanagement ist Risikomanagement in Verbindung mit Diversity Management" , so Laske. In der Talentpolitik gehe es um die Frage: Mit welchem Typus von Mitarbeiter möchte ich die Zukunft des Unternehmens gestalten, für welche Position brauche ich welche Mitarbeiter? "Und das geht nur mit einer bunten Vielfalt auf allen Ebenen" , ergänzt Laske.

Talentpool reicht nicht aus

Daneben sieht Laske auch die Dringlichkeit von Talentmanagement von heimischen Unternehmen noch nicht ausreichend erkannt. Für professionelles Talentmanagement reiche es nicht aus über ein aufwändiges Nominierungsverfahren einen Talentpool einzurichten, der sich dann einmal im Jahr mit dem Vorstand trifft, und das war es dann, sagt Laske. "Da werden Erwartungen aufgebaut, die dann nicht eingelöst werden. Durch solche Maßnahmen können Unternehmen talentierte Mitarbeiter nicht an sich binden."

Weitere Kritikpunkte sieht Laske im Stellenwert von Talentmanagement in den heimischen Unternehmen. "Führungskräfte sehen die Förderung von Talenten nicht als ihre, sondern als Aufgabe der Personalabteilung." Das liege einerseits daran, dass Führungskräfte ihre Talente als Konkurrenz sehen und daher versuchen, Talente "wegzuloben" . Und andererseits werde von Führungskräften befürchtet, dass durch intensive Förderung die Talente besser werden könnten als man selbst, lautet dabei seine Vermutung.

Aktivitäten werden nicht evaluiert

Generell mangelt es beim Talentmanagement auch an einer Erfolgskontrolle. "Unter dem Motto ,Wird schon passen‘ werden Aktivitäten gesetzt, die nicht evaluiert werden" , kritisiert Laske. Ein weiteres Ergebnis ist auch, dass Unternehmen, die professionelles Talentmanagement betreiben, auch höheren Umsatz pro Mitarbeiter erzielen.

In Zusammenarbeit mit der Transformation Management AG St. Gallen wurden von der Universität Innsbruck Personalverantwortlichen aus börsennotierten Top-Unternehmen dazu befragt, und es wurde durch die Studie auch eine Qualitätsmesslatte für Talentmanagement quer über die größten börsennotierten Unternehmen der drei Länder entwickelt. Damit kann künftig die Professionalität des Talentmanagements von Firmen individuell bestimmt werden. Banken, Beratungsunternehmen sowie die chemische Industrie kümmern sich am intensivsten um ihren Nachwuchs, das Baugewerbe und die Elektroindustrie zeigen die geringsten Aktivitäten. Schweizer Unternehmen schneiden ein Stück besser ab als Firmen in Deutschland. (Gudrun Ostermann/DER STANDARD; Printausgabe, 5./6.6.2010)