Fernsehen, Vertrottelungsmedium. So oder so ähnlich steht das hier öfter zu lesen. Meist in höflicheren Worten, wegen der Umgangsformen, den gebotenen. Doch dann und wann kann Fernsehen auch gut und schön sein. Einfach so - Betonung auf einfach.
Am Kabelsender W24 gibt es ein Abendprogramm, das in den 1990er-Jahren in der Techno-Community eingeschlagen hätte wie eine illegale Substanz. Stattdessen wurde diese Ehre den Teletubbies zuteil.
Die Rede ist von der Nachtschiene. Ein Format süßer Entschleunigung. Die Nachtschiene zeigt jene Bilder, die Kameras liefern, die in öffentlichen Verkehrsmitteln der Bundeshauptstadt untergebracht sind. Und zwar aus der Perspektive, aus der Fahrerinnen und Fahrer von Straßen-, U-Bahn oder Vorortelinie die Strecke sehen. Ohne Kommentar, ohne Musik. Alles, was man hört, sind die Durchsagen der Stationen, hin und wieder ein Räuspern sowie die ächzenden Geräusche der sich in Bewegung setzenden oder bremsenden Garnituren. Kontemplation pur.
Zu dieser einfachen Unterhaltung kann man mit sich selber Stationenraten spielen. Vorausgesetzt, man erkennt anhand des Straßenbilds, in welcher Linie sich die Kamera befindet, welche Strecke abgefahren wird. Zwar winkt kein Millionengewinn, dafür muss man sich aber auch keine Kärntner Humorkanone anhören.
Für eine Viertelstunde ist die Nachtschiene eins a! Bei längerem Konsum besteht dann eventuell doch wieder Vertrottelungsalarm. Schließlich fahren die ja alle irgendwie dauernd im Kreis. (Karl Fluch, DER STANDARD; Printausgabe, 5./6.2010)