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In St. Kanzian kämpfen die Kärntner Slowenen um ihre Sprache, wie hier im Jahr 2004 bei einem Protestmarsch.

Foto: APA/Eggenberger

Klagenfurt - Der Bürgermeister von St. Kanzian/Skocjan, Thomas Krainz (SPÖ), reagiert auf Anfrage des STANDARD kurz angebunden: "Es ist das erste Mal in der Republik, dass ein Bürgermeister wegen eines Amtssprachen-Begehrens vor Gericht geschleppt wird und ausbaden kann, was andere versäumt haben." Krainz wird am 10. Juni wegen Amtsmissbrauchs in Klagenfurt vor Gericht stehen, weil er sich weigert, Slowenisch als Amtssprache zuzulassen. Und das obwohl die gemischtsprachige Kärntner Fremdenverkehrsgemeinde einen Slowenen-Anteil von 13,2 Prozent ausweist.

"Gezwungen, auf unsere Sprache zu verzichten"

Seit Jahren versuchen in St. Kanzian/Skocjan ansässige Kärntner Slowenen ihrem Recht auf Gebrauch ihrer Sprache Geltung zu verschaffen. Rund ein Dutzend verlangt vom Bürgermeister die Zustellung von slowenischsprachigen Behördenbescheiden. Einer der Betroffenen ist Bozo Hartmann, der bereits 2003 entsprechende Anträge bei der Gemeinde eingebracht hat. Auch beim Verfassungsgerichtshof (VfGh) hat er eine diesbezügliche Beschwerde laufen. Hartmann: "Man will uns zwingen, auf unsere Sprache zu verzichten."

"Laut einem Erkenntnis des VfGh vom 4. 10. 2000 müsste in St. Kanzian/Skocjan Slowenisch als Amtssprache zugelassen sein, weil der Slowenenanteil von zehn Prozent erfüllt ist", sagt Anwalt Rudi Vouk, der die Betroffenen vertritt und Krainz schon 2005 bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt angezeigt hat. Die Anklageschrift wurde vom Bürgermeister beeinsprucht, das Oberlandesgericht Graz hat sie jedoch Anfang 2010 bestätigt. Die noch vor der Ortstafelcausa vom VfGH gekippte Amtssprachenverordnung der Bundesregierung aus dem Jahre 1977 wurde bis heute nicht repariert, wodurch nun im gesamten Bezirk Völkermarkt, zu dem auch St. Kanzian/Skocjan gehört, der Artikel 7 Z 3 erster Satz des Staatsvertrages direkt wirksam wird.

Exekutionsverfahren gegen Kärntner Slowenen

"All das hat Gemeindechef Krainz bis heute ignoriert", sagt Vouk. Schließlich reagierten die betroffenen Slowenen mit einem Gebührenstopp, weil sie ihre laut Staatsvertrag garantierten Minderheitenrechte massiv beeinträchtigt sahen. Daraufhin wurden vom Bürgermeister gegen alle Exekutionsverfahren eingeleitet. Außerdem verleibte sich die Gemeinde zwangsweise Pfandrechte auf die Liegenschaften der "Säumigen" ein. Diese sehen die ausschließlich auf Deutsch verfassten Abgabenvorschreibungen und "Rückstandsausweise" als rechtsunwirksam an. Zudem liegen die einbehaltenen Gebühren auf einem Treuhandkonto bei Gericht. Dennoch sind bei den Amtssprachen-Rebellen wieder Exekutionsforderungen eingegangen. Und der Bürgermeister weigert sich - trotz gerichtlicher Sicherstellung der aushaftenden Gebühren -, die Pfandrechte zu löschen.

Neben Krainz sind auch noch der Amtsleiter sowie der Finanzverwalter der Gemeinde St. Kanzian/Skocjan wegen Amtsmissbrauchs angeklagt. Ebenso der Rechtsvertreter der Gemeinde und gleichnamige Sohn des verstorbenen SPÖ-Landeshauptmannes Leopold Wagner. Ihnen wird in der Anklage zur Last gelegt, verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte auf Verwendung der slowenischen Sprache als Amtssprache unterlassen zu haben und zwar "im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter" .

Vouk hofft auf strafrechtliches Urteil

Anwalt Vouk hofft nun, dass es erstmals zu einer strafrechtlichen Verurteilung für die Verletzung von Minderheitenrechten kommt, und kritisiert die Politik: "In zehn Jahren haben es vier Regierungen nicht geschafft, die Amtssprachenregelung zu reparieren." (Elisabeth Steiner/DER STANDARD-Printausgabe, 7.6.2010)