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Sicherheitsgurte und Airbags reduzieren die Zahl der Todesfälle und Beinverletzungen bei Verkehrsunfällen, sind aber andererseits die Ursache zahlreicher schwerer Verletzungen im Bereich des Oberkörpers.

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Airbag und Sicherheitsgurt retten zwar einerseits Leben - andererseits verursachen sie aber auch zahlreiche Brust- und Armverletzungen, wie eine aktuelle Studie zeigt. Die technische Weiterentwicklung der gängigen Systeme in Kraftfahrzeugen sei daher dringend nötig, fordert der britische Unfallchirurg Mark Chong beim Europäischen Orthopädiekongress (EFORT) in Madrid.

Sicherheitsgurte und Airbags konnten die Zahl der Todesfälle und Beinverletzungen bei Verkehrsunfällen zwar deutlich reduzieren, sind aber andererseits die Ursache zahlreicher schwerer Verletzungen im Bereich des Oberkörpers. Dies ergab eine aktuelle Analyse US-amerikanischer Unfalldaten durch britische Wissenschaftler. "Eine Weiterentwicklung der gängigen Rückhaltesysteme in Kraftfahrzeugen ist daher dringend nötig," forderte der Unfallchirurg Dr. Mark Chong (University Hospital North Durham, GB) beim 11. Jahreskongress der European Federation of National Asso! ciations of Orthopaedics and Traumatology (EFORT) in Madrid. "Das Ziel müssen Systeme mit abgeschwächter Dynamik sein, die sowohl Leben retten als auch vor Verletzungen der oberen Extremitäten schützen." 

Schlüsselbeinbrüche durch Sicherheitsgurte bedingt

Bisherige Unfallfolgenstudien haben fast ausschließlich Todesraten sowie Verletzungen an den Beinen analysiert, welche durch Gurt und Airbag dramatisch reduziert werden konnten. Die aktuelle Analyse hingegen ist eine der ersten, die Verletzungen an den oberen Extremitäten evaluiert. Ausgewertet wurde das Datenmaterial des CIREN (Crash Injury Research and Engineering Network), des US-amerikanischen Forschungsnetzwerks gegen Verkehrsunfallverletzungen.

Das Ergebnis: 144 (32,4 Prozent) der insgesamt rund 450 untersuchten Verletzungen waren Brüche, der Rest Weichteilverletzungen vor allem der Oberarme. 74,5 Prozent der Brüche betrafen die Unterarme, die durch weniger umgebende Weichteile geschützt sind. "Mehr als ein Fünftel der registrierten Unterarmbrüche, genau 21,5 Prozent, waren direkt auf die Auslösung des Airbags zurückzuführen. Und sämtliche der 21 Schlüsselbeinbrüche in unserem Analyse-Sample waren durch Kompressionen durch den Sicherheitsgurt verursacht," erläuterte Chong. "Die übrigen, von den Sicherheitseinrichtungen nicht direkt verursachten Brüche wurden durch diese zumindest nicht verhindert. Fatal ist beides vor allem deshalb, weil Unfallopfer mit Brüchen ein wesentlich höheres Sterblichkeitsrisiko haben als jene, die lediglich Weichteilverletzungen erleiden".

Experte fordert mehr Sicherheit für Gurte und Airbags 

Als Konsequenz fordert Unfallforscher Chong eine Weiterentwicklung von Sicherheitsgurten und Airbags unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse: "Zwar haben moderne Rückhaltesysteme insgesamt einen großen Beitrag zur Senkung der Zahl der Verkehrstoten geleistet, doch gerade indem sie ihre primäre Wirksamkeit entfalten, verursachen sie auch schwerwiegende Verletzungen, die bisher kaum beachtet wurden. Zur Erzielung weiterer Fortschritte muss offenkundig auch die spezifische Verletzungsanfälligkeit der oberen Extremitäten mit einbezogen werden. Wir gehen davon aus, dass unsere Daten die Diskussion um neuartige, abgeschwächter agierende Rückhaltesysteme beleben wird. Ziel der Entwicklung muss sein, sowohl Leben zu retten als auch die oberen Extremitäten vor schweren Verletzungen zu schützen." (red)