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Jabulani, der WM-Ball, ist allgegenwärtig. In dieser Form vor dem Hauptpressezentrum in Johannesburg ist er unverkäuflich.

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Wien - Alfred Eichblatt hat Slowenen sein Herz geschenkt. Ihr Sieg bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika wäre eine Riesensache, sinniert der Chef von Hervis, vor allem fürs Geschäft. Mit seiner Sporthandelskette ist er in Slowenien stark vertreten, und jedes Tor der Nationalmannschaft treibt seine Umsätze an. Die Bestellungen der Bälle, Schuhe und Fanartikel bei der Industrie sind längst gelaufen, lang bevor feststand, wer sich überhaupt qualifiziert. Nachorder sind unüblich, wer auf das falsche Team setzte, hat Pech gehabt. "Das Risiko liegt voll beim Handel."

Österreichs Händler hüten sich angesichts der WM vor zu viel Euphorie. Zum Glück gehe sie nicht in Österreich über die Bühne, sagt Stephan Mayer-Heinisch, der Präsident des Handelsverbands, denn Sportereignisse im eigenen Land, wie zuletzt etwa die Europameisterschaft, seien Konsumkiller. Da sich das alles nun in Südafrika abspiele, habe der Ball weniger Einfluss aufs Geschäft als das Wetter. Was die Wirte betreffe, stünden jene ohne Fernseher im Gastgarten auf verlorenem Posten. Die Sportbranche profitiere freilich, "man ahnt ja nicht, wie viele Leiberln und Bälle sich verkaufen lassen".

Die WM sorge in der Fußballabteilung für zehn, maximal 20 Prozent mehr Umsatz, rechnet Christian Mann von Intersport vor: Ein schöner Impuls, der aber nicht zu überschätzen sei. Zumal der Fußball im Handel gerade einmal fünf Prozent der Umsätze ausmache, fügt Eichblatt hinzu. Zu viel Segen aus Afrika sei nicht zu erwarten.

Wettlauf der Sportindustrie

Für die Industrie steht dennoch viel auf dem Spiel. Platzhirsch Nike steht ebenso im Scheinwerferlicht wie seine Verfolger Adidas und Puma. Sieben Teams hat die Wildkatze im Rennen um den Pokal, darunter Titelverteidiger Italien. Nike kommt auf zehn Mannschaften und hat sowohl die Brasilianer als auch Portugiesen unter Vertrag. Adidas wirft sich mit zwölf ins Turnier und damit doppelt so vielen wie vor vier Jahren. Fußball sei Herz und Seele seines Konzerns, ließ Vorstandschef Herbert Hainer wissen. Eine treibende Kraft braucht die Branche in jedem Fall, um den Sprung aus der Krise zu schaffen. Flauer Konsum und Stillstand großer Hoffnungsmärkte ließen die Erträge schmelzen. Filialen wurden aufgelassen, tausende Arbeitsplätze gestrichen.

Seit heuer ziehen die Geschäfte wieder spürbar an, ausgehend von einem freilich niedrigen Niveau. 450 Mio. Euro Gewinn will Adidas dank WM einfahren, der Fußball soll mehr als 1,3 Milliarden Umsatz bringen. Ebenso viel erwartet sich Nike. Der Konzern steckt immerhin gut zwölf Prozent des Gesamtumsatzes in Marketing.

Entscheidend sei, starke Spieler und Sympathieträger im Vorfeld zu haben, sagt Rico Fallegger, Chef von Nike Österreich. Welche Nation letztlich am Feld gewinne, habe aufs Business weniger Effekte.

Zu viel erwarten dürfe sich die Industrie ohnehin nicht, sagt Jörg Philipp Frey, Analyst bei der Privatbank MM Wartburg, die WM allein sei kein Argument, um in ihre Aktien zu investieren. Der Marketingaufwand sei enorm, der Boom an der Börse rund um die Sportereignisse keineswegs garantiert.

Nachhaltigkeit versprechen zumindest Trikots von Nike für Stars wie Cristiano Ronaldo und Kaká. In ihnen stecken jeweils acht Plastikflaschen aus Mülldeponien. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2010)