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Township Alexandra wird auf die WM eingestimmt.

Foto: AP/Hadebe

Johannesburg/Nairobi - Vor Clara Maakes Haustür beginnt ein Dschungel aus Lehmhütten und Wellblech. Dazwischen verstreut stehen kleine Betonbaracken, auf dem Boden schlängeln sich Rinnsale aus Abwasser. Alexandra, die Heimat der 49-Jährigen, ist einer der berüchtigsten Slums von Johannesburg. Maake ist hier aufgewachsen, sie weiß, wie sehr vor allem die Kinder unter den Lebensbedingungen leiden.

"Als Kind habe ich Zwiebeln geputzt bei einem indischen Koch, weil meine Eltern so arm waren, dass ich mitverdienen musste", erinnert sie sich. "Irgendwann konnten wir uns die Monatsmiete von umgerechnet einem Euro nicht mehr leisten, und wir mussten wochenlang im Schlamm unter freiem Himmel schlafen."

Irgendwie schaffte es Clara Maake dennoch, ein bisschen Zeit abzuzwacken, um die Schule besuchen zu können. "Davon hatte ich immer geträumt." Mit dreizehn saß die zum ersten Mal auf der Schulbank, vier Jahre später war sie schwanger. Als bald danach ihr zweites Kind kam, ließ ihr Freund sie allein zurück. "Ich stand vor dem Nichts."

Heute lebt Clara Maake in einem bunt angestrichenen Haus. Auf dem mit Säcken und bunten Teppichen ausgelegten Fußboden sitzen Kinder, einige malen, andere spielen mit Holzklötzen. Clara Maake ist Kindergärtnerin, die einzige in ganz Alexandra. "Die Kita habe ich gegründet, damit andere junge Frauen nicht die gleichen Probleme haben wie ich", sagt sie. "Sie sollen den Freiraum haben, trotz Kind auch für sich selbst zu sorgen."

Wenn es draußen noch dunkel ist, sperrt Clara Maake auf. Von halb sechs Uhr früh bis abends um sieben bringen die meist jungen Mütter ihre Kinder zu ihr, weil sie arbeiten oder zur Schule gehen müssen. Das Leben im Township ist hart: so hart, dass Maake froh ist, ein Trauma-Training besucht zu haben. "Das hat mir oft geholfen, wenn ich mich um ein missbrauchtes Kind kümmere oder um eines, das die Misshandlung aus nächster Nähe miterlebt hat."

Wie Maake leben sechzehn Jahre nach dem Ende der Apartheid mehr als eine Million Südafrikaner in Townships, ohne Strom oder fließendes Wasser. Die Gewalt in den Armensiedlungen nimmt zu, auch deshalb, weil die Schere zwischen Reich und Arm immer weiter auseinanderklafft. Manch einer behauptet, die Lage sei schlechter als zu Apartheidszeiten. Umso glücklicher ist Maake, einen kleinen Beitrag zu leisten. "Dass die meisten Eltern kein Geld haben, um mich zu bezahlen, finde ich da nicht so schlimm." (Mark Engelhardt /DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2010)