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US-Pläne für Nachkriegs-Ordnung

Bagdad/Washington/London - Die Zerstrittenheit der irakischen Opposition und der Boykott wichtiger irakischer Exponenten haben am Dienstag die erste Konferenz für eine Nachkriegsordnung im Irak seit der Entmachtung von Saddam Hussein überschattet. Der Hohe Rat für die Islamische Revolution im Irak (Sciri) begründete sein Fernbleiben in Teheran mit der Befürchtung, dass die USA die Entwicklung im Nachkriegsirak dominieren würden.

Der Vorsitzende des Irakischen Nationalkongresses (INC), Ahmad Chalabi, der als erste Wahl des US-Verteidigungsministeriums für eine Führungsrolle im Irak gilt, hatte schon zuvor angekündigt, er werde nur einen Vertreter entsenden. Ein Sprecher Chalabis sagte, dieser werde gemeinsam mit anderen Anführern oppositioneller Gruppen ein eigenes Treffen in Bagdad abhalten.

Bei dem Treffen im südirakischen Nasiriya sollten rund 100 irakische Regimegegner unter Leitung des künftigen US-Verwalters Jay Garner und des US-Sonderbeauftragten Zalmay Khalilzad über die Zukunft des Landes beraten. Viele der Teilnehmer zeigten sich im Vorfeld verärgert über die Festlegung der USA auf Garner. Vor Beginn des Treffens demonstrierten rund 20.000 Menschen und forderten eine Regierung der Hawza (siehe Lexikon rechts), einer Schule schiitischer Geistlicher in Nadjaf. Sie riefen auch "Nein zu Amerika, nein zu Saddam".

Eine nationale Versammlung solle in den kommenden Wochen die Interimsregierung einsetzen, verlautete aus US-Regierungskreisen. "Ich habe die Befürchtung, dass wir mit jedem Tag, an dem wir eine zivile Verwaltung hinauszögern, an Fahrt verlieren", sagte Garner in einem Interview.

"Ich wünschte, ich wäre vor einer Woche in Bagdad gewesen", sagte Garner, der die Behörde für den Wiederaufbau Iraks und humanitäre Hilfe leitet, mit Hinblick auf die chaotischen Zustände in der irakischen Hauptstadt. "Ende April oder Anfang Mai werden wir in jeder Provinz Zweigstellen haben", kündigte er an. Am Montag wurde in Washington bekannt, dass Margaret Tutwiler, US-Botschafterin in Marokko, die US-Verwaltung im Irak nach außen hin vertreten wird.

Die USA und Großbritannien bemühten sich, die Erwartungen an das Treffen zu dämpfen, das sich am Dienstag stundenlang verzögerte. "Das ist kein einmaliges Ereignis, sondern der Beginn eines Prozesses, um wieder eine Regierung einzusetzen", sagte der britische Außenminister Jack Straw im Hauptquartier der britischen und US-Streitkräfte in Katar.

Nach den Vorstellungen des britischen Premierministers Tony Blair sollen im Irak zunächst die dringenden humanitären- und Sicherheitsprobleme gelöst werden. Schon "innerhalb von ein paar Wochen" solle dann eine "breit gefächerte Übergangsbehörde" errichtet werden, ein Jahr später gefolgt von den ersten freien Wahlen.

Mit Blick auf den Streit um die Rolle der UNO beim Wiederaufbau des Irak appellierte Straw an Staaten, die den Krieg abgelehnt hatten, "keine Spielchen zu spielen" und nach vorne zu schauen. Am Montag hatte Frankreich erklärt, den Streit mit den USA "pragmatisch" lösen zu wollen. (Reuters, AP, AFP, dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 16.4.2003)