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Foto: AP/Mikhail Metzel

Die Regierung will einen rigiden Sparkurs fahren, um das Defizit in den Griff zu bekommen. Das Finanzministerium rüttelt dabei auch an heiligen Kühen: Beamte sollen abgebaut und Wodka soll teurer werden.

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Moskau - Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat im Kampf gegen das wachsende Budgetdefizit eine ungewöhnliche Maßnahme vorgeschlagen. Medwedew will jeden fünften Beamten abbauen und damit rund 43,5 Milliarden Rubel (rund 1,1 Milliarden Euro) einsparen. Der Kreml-Chef hat die Regierung bereits angewiesen, entsprechende Konzepte vorzubereiten.

"Das ist natürlich eine sehr harte Maßnahme, die aber eine ganze Reihe von Problemen lösen könnte" , sagte Medwedew. Allerdings dürfe eine derartige Entscheidung erst nach Prüfung aller Konsequenzen und nicht nur aus finanziellen Beweggründen gefällt werden, räumte der Präsident ein. Details zum Sparpaket erwarten Experten Ende Juni, wenn Medwedew eine Rede zur Budgetsituation halten wird.

Die Anzahl der Staatsdiener hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Laut dem Statistikamt waren 2009 in föderalen Organen mehr als 830.000 Beamte beschäftigt. Berücksichtigt man auch die Beamten auf regionalem und kommunalem Niveau gibt es in Russland mehr als 1,7 Millionen Beamten.

Für die meisten russischen Universitätsabgänger ist eine Stelle im Staatsdienst der Traumjob schlechthin. Das Durchschnittsgehalt eines Bundesbeamten beträgt rund 34.000 Rubel (rund 892 Euro), während ein Angestellter in der Privatwirtschaft nur durchschnittlich 20.000 Rubel (rund 525 Euro) verdient.

Die Idee, Beamte abzubauen, kommt eigentlich vom russischen Finanzminister und Vizepremier Alexej Kudrin. Er hatte erst kürzlich davor gewarnt, dass das Budgetdefizit auch in diesem Jahr 5,9 Prozent betragen könnte. Russland hat sich das Ziel gesetzt, 2013 das Haushaltsdefizit auf zwei Prozent des BIP zu senken und bis 2015 wieder ein Nulldefizit zu erreichen. Bis zur Krise 2008 erzielte Russland regelmäßig Budgetüberschüsse. Antikrisenmaßnahmen und geringere Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport ließen das Budget jedoch ins Minus rutschen.

Premierminister Wladimir Putin hat die Losung ausgegeben, einen rigiden Sparkurs zu fahren, damit erneut Haushaltsüberschüsse erzielt werden, die dann im Reservefonds und Wohlstandsfonds angelegt werden sollen. Mit den Mitteln aus diesen beiden Fonds gelang es Russland, die Folgen der Weltwirtschaftskrise weitgehend abzufedern. Obwohl der Finanzpolster seit der Krise um mehr als 30 Prozent geschrumpft ist, sitzt Russland noch immer auf 124 Milliarden US-Dollar an Reserven.

Russische Politologen bezeichneten den Plan Medwedew, Beamte abzubauen, als PR-Maßnahme. Bisher seien Versuche, den mächtigen Beamtenapparat zu beschneiden immer gescheitert. Wladimir Osakowski, Chefökonom der Investmentbank UniCredit Securities, glaubt nicht daran, dass die Regierung vor den Präsidentenwahlen im Jahr 2012 Schritte zum Beamtenabbau unternehmen wird.

Wodka soll teurer werden

Das Finanzministerium ist daher schon auf der Suche nach weiteren Maßnahmen zur Budgetsanierung. Der jüngste Vorschlag sieht bis 2013 eine Verdoppelung des Mindestpreises für Wodka auf 200 Rubel (rund 5,25 Euro) vor. Der derzeitige Mindestpreis für einen halben Liter "russisches Wässerchen" von 89 Rubel ist erst Anfang des Jahres eingeführt worden. Michael Blinow, Chef des Verbandes der Alkoholproduzenten, kritisierte, dass die Maßnahme zum Konsum von selbstgebrannten und technischen Alkohol führen werde. (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.6.2010)