Jeder Konzern kocht bei Gütezeichen sein eigenes Süppchen.

Foto: Montage: Lukas Friesenbichler

Wien - Zwei Jahre lang durfte keine Information über das neue Logo an die Öffentlichkeit sickern. Beteiligten drohten im Falle einer Indiskretion Pönalen. Nach der Einführung in Deutschland bringt es nun auch Rewe Österreich in ihre Regale und ergänzt damit die Riege der mehr als hundert Labels für Lebensmittel um ein weiteres.

Sein Name ist Pro Planet. Rewe kennzeichnet damit in den Märkten von Billa, Merkur, Penny und Adeg konventionelle Produkte: Im ersten Schritt sind es Erdbeeren, weiteres Obst und Gemüse bis hin zu Eiern sollen heuer folgen. Sie versprechen eine ressourcenschonende Produktion, internationale soziale Standards bei den Herstellern und umweltfreundliche Verpackung. Der Produzent erhält dafür Boni, der Kunde zahlt mehr.

Rewe wolle soziale und ökologische Kriterien auch im Massenmarkt verankern. Das neue Label sei Orientierungshilfe für Konsumenten, ein Baustein in der Strategie der Nachhaltigkeit, sagt Konzernvorstand Werner Wutscher.

Auf Gegenliebe stößt es bei Konsumentenschützern nicht. Er frage sich, wer diese lobenden Auszeichnungen und Logos brauche, sagt der Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation, Franz Floss. Der Dschungel an Kennzeichnungen bei Lebensmitteln sei in Österreich bereits jetzt undurchschaubar, "es gibt ein unbeschreibliches Wirrwarr". Er halte nichts von Verboten. Es könne jedoch nicht sein, dass jeder seine eigenen Kriterien aufstelle. Klare Regeln gebe es nur bei Bio. "Die Politik hoppelt hinterher", ergänzt Wolfgang Pirklhuber von den Grünen, "uns fehlen einheitliche gesetzliche Rahmenbedingungen".

Grund für den Stillstand sind heftige Reibereien zwischen Wirtschafts-, Gesundheits- und Landwirtschaftsministerium: Sie können sich seit Jahren auf kein Gütesiegel-Gesetz einigen. Was unter anderem an ihren äußerst konträren Auffassungen über die Bedeutung des AMA-Siegels liegen soll.

Hofer übt sich derweil etwa mit CO2-Fußabdrücken - aus der Sicht von Floss ein "heiße Geschichte, die schön klingt, aber wenig sinnvoll und nicht kontrollierbar ist". So könne Bio-Rindfleisch aus Österreich aufgrund des Kraftfutters schlechtere CO2-Bilanzen aufweisen als Fleisch aus Argentinien. Vom Paradeiser aus dem Glashaus wolle er erst gar nicht reden.

Andere Labels wiederum kämpfen damit, überhaupt erst wahrgenommen zu werden: Der frühere EU-Agrarkommissar Franz Fischler initiierte eines vor knapp zwei Jahren mit dem Namen Gut so. 1,1 Millionen Euro an Förderung von Ländern, Ministerien und EU flossen in das Projekt, das bisher lediglich 56 Produkte umfasst und keine großen Partner fand, weder in der Industrie, noch im Handel.

Schmuck für den Handel

Rewe kooperierte vereinzelt bereits bisher mit Caritas und Global 2000 und holt sie für Pro Planet nun noch stärker ins Boot. Beide halfen bei der Erarbeitung der Standards und stehen weiter beratend zur Seite. Rewe finanziert im Gegenzug Hilfsprojekte der Caritas. Kooperationen der NGOs mit Konzernen werden generell mehr: Hofer schmückt sich etwa so mit Greenpeace, Ölz arbeitet mit Vier Pfoten, Ikea mit WWF zusammen.

Für NGOs bringt es gutes Geld. Intern entflammen jedoch hitzige Debatten. Von der Gefahr der Vereinnahmung durch den Handel ist die Rede, wer beiße schon gern die Hand des Partners. Derartige Kooperationen bereiten ihm Bauchweh, sagt der Chef des Instituts für Spendenwesen, Gerhard Bittner.

"Sie sind Marketinginstrumente für beide, sicher eine Win-Win-Situation. Doch Glaubwürdigkeit, öffentliche Kontrollen fehlen. Ich wünsche mir, dass NGOs Konzernen ebenso kritisch gegenüber stehen, wie der öffentlichen Hand." Global 2000 sieht keine Abhängigkeiten. Nur ein Drittel des Budgets stamme aus derartigen Projekten. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Printausgabe, 11.6.2010)