Bild nicht mehr verfügbar.

Bienen und Wespen zählen zu den wichtigsten allergieauslösenden Insekten. Hummel- und Hornissenstiche sind relativ selten und
deshalb kaum von Relevanz.

Foto: APA/Patrick Seeger

Linz - Eine Insektengift-Allergie ist gefährlich. Doch trotz der akuten Lebensgefahr wird die allergische Erkrankung unterschätzt und damit oft unzureichend behandelt. Eine aktuelle Erhebung zeigt: Neben der Sorglosigkeit und dem mangelhaften Wissen vieler Patienten, ist auch das geringe Bewusstsein vieler Ärzte Grund für den zögerlichen Einsatz einer spezifischen Immuntherapie (SIT). Die Initiative Insektengift-Allergie wendet sich daher in diesem Jahr verstärkt an Ärzte.

Die Wespen- und Bienengiftallergie ist gefährlich, denn ein einziger Stich kann für einen Allergiker im schlimmsten Fall durch eine akute Atemnot oder einen Kreislaufzusammenbruch auch tödlich enden. Gleichzeitig ist sie aber auch jene Allergieform, die durch die spezifische Immuntherapie - eine „Allergie-Impfung" mit dem Ziel, den Körper an das Insektengift zu gewöhnen - am besten behandelt werden kann. Paradoxerweise wird die Insektengift-Allergie trotzdem selten diagnostiziert und damit nicht ausreichend therapiert.

Ärzten fehlt es an Erfahrung, Wissen und Zeit

Wie eine aktuelle Umfrage zeigt, ist die Ursache nicht allein im fehlenden Wissen und Bewusstsein der betroffenen Patienten zu suchen, sondern auch in der Unsicherheit und mangelnden Erfahrung von Ärzten. Dieser Umstand illustriert europaweit den Bedarf an ausgebildeten Allergologen mit dem nötigen Fachwissen für diese effektive Therapieform.

Im Rahmen der Umfrage wurde die Einstellung von Ärzten gegenüber der spezifischen Immuntherapie untersucht. Dabei wurden Allgemeinmediziner und Fachärzte aus sieben europäischen Ländern (darunter auch Österreich) befragt, die innerhalb der letzten zwölf Monate zwar Patienten mit der spezifische Immuntherapie (SIT) behandelten, aber keine SIT bei Insektengiftallergikern durchführten.

Für die 318 Mediziner, diemehrere Verdachtsfälle pro Jahr sehen, war der Mangel an Erfahrung, Wissen oder Zeit (45%) der häufigste Grund, die Patienten nicht selbst zu behandeln. Die Befürchtung einer schweren allergischen Reaktion (Anaphylaxie) in der Ordination sowie das Vertrauen auf die Kompetenz von spezialisierten Zentren wurden von 22% bzw. 17% der Befragten genannt. Auf die Frage nach den Voraussetzungen für einen künftigen Einsatz der Allergie-Impfung auch bei Insektengift-Allergikern, wünschten sich zwei Drittel (65%) noch mehr Studiendaten für die klinische Sicherheit und fast ebenso viele (64%) nannten Schulungsprogramme als wesentliche Motivatoren auch diese Therapieform ihren Patienten anzubieten.

Ein weiteres Ergebnis der Befragung veranschaulicht das Informationsdefizit: Nur 40% der Befragten (50% Fachärzte, 24% Allgemeinmediziner) ist bewusst, dass die spezifische Immuntherapie bei Insektengiftallergikern eine lebensrettende Behandlungsform mit einer über 90%igen Erfolgsrate (90% bei Bienen- bzw. 95% bei Wespengiftallergie) darstellt. Kaum eine andere Therapieform in der Medizin ist derart effizient. „Die Ergebnisse dieser Ärztebefragung machen deutlich, dass auch SIT-erfahrene Ärzte einen Mangel an Wissen über Sicherheit und Wirksamkeit der Immuntherapie bei Insektengiftallergien haben - mit ein Grund, warum so viele Insektengiftallergiker unbehandelt bleiben. Das bestehende Informationsdefizit zu verringern und damit die Versorgungssituation zu verbessern, wird in diesem Jahr ein Schwerpunkt der im letzten Sommer gegründeten 'Initiative Insektengift-Allergie' sein", kündigt Stefan Wöhrl, Allergologe an der Allergie-Ambulanz der Universitätsklinik für Dermatologie Wien und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Initiative an. „Im Rahmen unserer weiteren Aktivitäten werden wir daher nicht nur an Patienten, sondern verstärkt auch an Ärzte wenden."

Immuntherapie wirkt 

Die spezifische Immuntherapie (SIT) läuft in zwei Phasen ab: die Aufdosierungs- und die Erhaltungsphase. Erstere kann als Schnellschema durchgeführt werden, wobei der Schutz innerhalb weniger Tage aufgebaut wird. „Da innerhalb kurzer Zeit hohe Mengen an Insektengift verabreicht werden, ist ein stationärer Aufenthalt im Krankenhaus erforderlich, damit eventuell auftretende Nebenwirkungen schnell und sicher behandelt werden können", erklärt Eva-Maria Varga von der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Graz. Als Alternative zum Schnellschema steht die ambulante Methode zur Verfügung. Dabei erfolgt die Dosissteigerung langsamer mit einer Injektion pro Woche. Die Erhaltungsdosis ist nach etwa 4 Monaten erreicht. Um in der nächsten Flugsaison ausreichend geschützt zu sein, ist es empfehlenswert, die Aufdosierungsphase in die kalte Jahreszeit zu verlegen.

Ist die sogenannte Höchst- oder Erhaltungsdosis erreicht, wird diese Allergenmenge 3 bis 5 Jahre lang alle 4 (bis max. 8) Wochen verabreicht. So lange braucht das Immunsystem, um den Schutz langfristig zu sichern. „Allergiker können mit der spezifischen Immuntherapie nachhaltig vor einer lebensgefährlichen allergischen Reaktionen geschützt werden", so Wöhrl. Kinderfachärztin Varga ergänzt: „Auch Kinder können mit der SIT behandelt werden. Die WHO empfiehlt die spezifische Immuntherapie - auch bei Insektengiftallergikern - ab dem 5. Lebensjahr, in den seltenen Fällen einer lebensbedrohlichen Stichreaktionen beim Kleinkind auch früher."

Unabhängig vom angewandten Impfschema, setzt die spezifische Immuntherapie bei Insektengiftallergikern eine hohe fachliche Kompetenz, die Beherrschung von Nebenwirkungen in jedem Lebensalter und die entsprechende Ausrüstung (Notfallmedikamente) voraus. (red)