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Das Theater in der Josefstadt: Kulturelles Zentrum des bürgerlichen Bezirks.

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Aktueller und gerade abgesägter Bezirksvorsteher Heribert Rahdjian.

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Das Ergebnis bei der Gemeinderatswahl 2005: Die SPÖ gewann knapp vor ÖVP und Grünen mit dem Bürgermeisterbonus. Quelle: www.wien.gv.at

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Bei der Bezirksvertretungswahl 2005 gewannen die Grünen vor der Kooperation zwischen ÖVP und Bürgerforum und der SPÖ. Quelle: www.wien.gv.at

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Es ist ihr zweiter Bezirk, und schon kommt die Krise. Die Grünen stellen neben in Neubau nur noch in der Josefstadt, dem achten Wiener Gemeindebezirk, den Bezirksvorsteher. Jetzt haben sie ihn selbst abgesägt: Die Funktionäre haben Heribert Rahdjian dieser Tage abgewählt und an seiner statt - vier Monate vor der Wien-Wahl - den unbekannten Alexander Spritzendorfer installiert.

Dabei hatte Rahdjian es 2005 geschafft, die bürgerliche Mehrheit umzudrehen und die ÖVP auf den zweiten Platz zu verweisen. Bis dahin war die Josefstadt einer der Stammbezirke der Volkspartei gewesen, seit 1945 stellt die Volkspartei dort den Bezirksvorsteher: der flächenkleinste Bezirk ist geradezu Symbol für das urbane und gutbürgerliche Wien. 

Zuzug von Beamten und Studenten

Forciert hatte das die Wiener Baukultur: Ende des 19. Jahrhunderts wurden große, leer stehende Areale verbaut. Es entstanden unter anderem das Landesgericht, das Parlament, der Justizpalast, die Universität und das Rathausviertel. Angehörige der Mittelschicht zogen in die Innenstadt und siedelten sich im achten, der direkt an den ersten Bezirk anschließt, an. Vor allem Beamte und Studenten wurden hier sesshaft. Die meisten Bürgermeister Wiens stammten aus der Josefstadt, Bundespräsident Heinz Fischer ist dort beheimatet.

Politisch heftig umkämpfter Bezirk

In dem Wissen, dass sie den Bezirk an die Grünen verlieren könnten, ging die ÖVP 2005 eine Kooperation mit dem Bürgerforum unter dem Namen PRO Josefstadt ein. Genutzt hat es wenig, die Grünen verwiesen sie bei der bisher letzten Wahl vor fünf Jahren mit einem dünnen Abstand von drei Prozent auf den zweiten Platz. Nun könnten sie sich selbst um einen erneuten Vorsitz aus dem Rennen genommen haben. Denn der zwischen dem Wiener Gürtel und der sogenannten Zweierlinie gelegene Bezirk ist von den Parteien heftig umkämpft, aus zweierlei Gründen: Die SPÖ will den seit Jahren in bürgerlichen Händen befindlichen Bezirk erobern, um die Volkspartei hart zu treffen. Die ÖVP will die Josefstadt wieder zurück, weil der konservative Bezirk bisher das gallische Dorf inmitten des roten Wiens war. 

Für die Wahl im Oktober schicken die beiden Parteien also lokale Schwergewichte ins Rennen. Die ÖVP startet mit der 31-jährigen Veronika Mickel ins Rennen, hauptberuflich im Kabinett von Finanzminister und VP-Chef Josef Pröll beschäftigt. Und die SPÖ bietet mit Raphael Sternfeld (32), der zur eingeschworenen Elitegruppe rund um Laura Rudas gehört, ebenfalls einen Shootingstar auf. Die FPÖ hat in der Josefstadt traditionell wenig zu melden, für sie kandidiert Birgit Ossberger.

Parkplatz- und Freiraummangel als Hauptprobleme

Parkplatz- und Freiraummangel gelten als die Problempunkte des am dichtesten besiedelten Bezirks in Wien. Auf 8547 Autos kommen lediglich 5770 Parkplätze. Dafür hätten die Grünen zuviele Fahrradbügel aufgestellt, kreiden ÖVP und SPÖ an.

Momentan leben 24.000 Menschen auf 108 Hektar Land. Die Lebenserwartung liegt bei 81 Jahren. Im Wien Durchschnitt gemessen leben viele Kinder und junge Erwachsene in der Josefstadt - auch wegen der hohen Anzahl an Studenten. Die nebenbei außerdem zu einer hohen Anzahl an Studentenheimen führt, wie etwa das Haus Vindobona oder das Pfeilheim. Seit die Hauptbibliothek von der Laudongasse auf den Urban-Loritz-Platz im siebenten Bezirk verlegt wurde, ist der achte neben dem ersten der einzige in Wien ohne Büchereifiliale.

Ein wichtiger Punkt ist die bürgerliche Traditionsbühne, das Theater in der Josefstadt, in dem gerade "Moser" von Franzobel aufgeführt wird. Außerdem das älteste englische Theater Wiens, Viennas English Theatre. Bekannt ist auch das 1706 erbaute Palais Auersperg. (nik, derStandard.at, 14.6.2010)