Den Geist der Weltmeisterschaft kann man hier überall in Khayelitsha spüren. Seit ich vor einem Jahr aus Brasilien hier angekommen bin, um in diesem verarmten Township für Ärzte ohne Grenzen zu arbeiten, habe ich die Patienten noch nie so stolz wie heute gesehen. Sie kommen in ihren gelb-grünen Bafana-Bafana-Trikots in die Klinik und sind so aufgeregt, dass heute ihr Nationalteam im Eröffnungsspiel der ersten afrikanischen und ihrer ganz persönlichen Weltmeisterschaft spielt. Fußball ist der populärste Sport in Khayelitsha und man kann an fast jeder Straßenecke Kinder beobachten, die einen Ball kicken! Dieser Sport ist so wichtig für diese Gemeinschaften.
Ich fühle mich hier oft zu Hause, weil es viele Ähnlichkeiten zwischen meinem Land, Brasilien, und Südafrika gibt. Am Mittwoch hatten wir eine große „Vuvuzela Pause“ während der Mittagszeit. Man konnte nichts außer dem schmetternden Geräusch der Vuvuzelas hören. Jeder fragt dann ständig: „Kannst du es fühlen?!“ Die Aufregung und der Patriotismus unserer Patienten hallen in dem Geräusch der Vuvuzelas nach.
Alleine in Afrika starben im Jahr 2005 eine halbe Million Kinder an den Folgen von Aids. Und heute wissen wir, dass Millionen afrikanischer Babies ihren zweiten Geburtstag nicht erleben werden. Es ist eine traurige Realität die niemand von uns vergessen sollte. Nichtsdestotrotz ist das große Sportevent das heute startet eine gute Möglichkeit um das Bewusstsein für HIV/Aids nicht nur in Afrika, sondern auf der ganzen Welt zu schärfen.
Auch wenn die Bafana Bafana den Titel nicht gewinnen sollte, haben sie bewiesen wie viel Energie die Leute in diesem Land einer Sache widmen können. Ich glaube, dass Südafrika alle positiven Anstrengungen unternimmt, um den Kampf gegen die HIV/Aids-Epidemie zu gewinnen und das ist wirklich beeindruckend. Allein in Khayelitsha haben wir 14.500 Patienten in antiretroviraler Therapie für HIV/Aids und hoffen, dass wir dieses Jahr 20.000 Patienten erreichen können. Der Erfolg des Townships im Kampf gegen die Krankheit wurde nur durch die gemeinsamen Anstrengungen mit den Südafrikanern möglich, aber wurde auch erst durch zusätzliche Spenden von ausländischen Quellen, wie dem Global Fund, ermöglicht. Die Sorge ist nun, dass, wenn die Spendenflüsse versiegen, diese Erfolge wieder zurück gehen und sich die Situation vielleicht wieder verschlechtert.
Die Südafrikaner tragen eine brennende Leidenschaft in sich, die unglaubliche Veränderungen herbeiführen kann. Die Weltmeisterschaft hat das für mich nur hervorgehoben. Ich wünsche ihnen alles Gute, dass sie diese Leidenschaft auf dem langen Weg, den sie in Angriff genommen haben, behalten.
Hochachtungsvoll,
Dr. Carolina Malavazzi Galvão
P.S. Ich unterstütze Brasilien und Südafrika und würde mich freuen, wenn einer meiner Favoriten die Trophäe in diesem Jahr gewinnt. :-)