Feldkirch - Äußerlich sind sie kaum zu unterscheiden, die bulligen, kahlen, tätowierten Männer in schwarzen Outfits. Stünde da nicht auf den Lederwesten der einen "Outlaw" und auf den Shirts und Westen der anderen "Blood & Honour" und säßen sie nicht streng getrennt im Schwurgerichtssaal, man wüsste nicht, wer wohin gehört. Der Auftritt der rechten Vorarlberger Schlägerszene am Freitag galt einem jungen Mann, der vom Aussehen her zu keiner der beiden Gruppen zu gehören scheint. Der schmächtige 27-jährige Dachdecker, Vizepräsident der Outlaws, stand wegen Mordes und versuchten Mordes vor Gericht. In der Nacht des 8. Februar soll er im Klubheim der Outlaws einen 20-jährigen Skinhead erstochen und einen weiteren Mann aus der Neonazi-Szene schwer verletzt haben.

Er habe nur Ordnung schaffen wollen, niemanden töten, beteuert der bisher unbescholtene Mann. Er sei nie aggressiv gewesen, habe Streit vermieden, geschlichtet und vermittelt, sagen die Zeugen der Verteidigung aus. Doch keiner will etwas Genaues gesehen oder den Streit begonnen haben. "Zwei friedenstiftende Organisationen, alle waren friedlich", ätzt Richter Peter Mück.

Beide Gruppen sind bemüht, in ihren Aussagen keinen der Bosse (zu denen der Angeklagte nicht gehört), die sich schon öfter ins Gehege gekommen waren, zu belasten. Beide Männer mit langen Vorstrafenlisten, "es steht 16:10", bemerkte Richter Mück, gaben sich betont cool. Es klang nach Business as usual, man habe halt Bier getrunken, dann sei "eigenartige Stimmung" aufgekommen.

Die einen behaupten, die Skins hätten Hausverbot bei den Rockern gehabt, die anderen wollen davon nichts wissen. Man habe einen freundschaftlichen Besuch gemacht, sagen die ganz Kahlen. Gestänkert hätten sie, sagen die weniger Kahlen.

Die Verteidigung ist bemüht, den Angeklagten als biederen Vereinsmenschen darzustellen. Er sei die Seele des Klubs gewesen, sagt ein Zeuge nach dem anderen. Er habe Streit geschlichtet, wann immer es nötig war. Warum der Motorradfreak wiederholt auf seine Opfer eingestochen hat, konnte er nicht erklären. Das Urteil stand bei Redaktionsschluss noch aus. (Jutta Berger/DER STANDARD, Printausgabe, 12./13. Juni 2010)