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Muammar Gaddafi mit Silvio Berlusconi

Foto: APA/EPA/Elmhedwi

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Der Revolutionsführer mit der Schweizer Außenministerin Michelle Calmy-Rey

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Tripolis/Zürich - Die Parteien in der Schweiz fordern nach des in Libyen inhaftierten Geschäftsmanns Max Göldi und dem am Sonntag geschlossenen bilateralen Abkommen mit Libyen zur Beilegung des diplomatischen Konflikts zwischen beiden Ländern eine politische Aufarbeitung. Die Affäre Gaddafi müsse innenpolitisch aufgearbeitet werden, forderten alle Lager am Montag in ersten Stellungnahmen. Rücktrittsforderungen blieben jedoch aus. Die EU-Außenminister begrüßten bei ihrem Treffen in Luxemburg die Freilassung Göldis.

"Das ist eine sehr gute Nachricht", sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. "Wir freuen uns sehr, dass Göldi jetzt zurück in seiner Heimat ist", sagte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle. "Wir haben gemeinsam mit den europäischen Partnern einen Beitrag dazu geleistet, dass sich hoffentlich auch die Verhältnisse zwischen der Schweiz und Libyen wieder etwas mehr normalisieren werden." Dass Deutschland "seinen Teil zu diesem Ausgang" beigetragen habe, sei für ihn "selbstverständlich". "Es war schwierig", sagte der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos, der als turnusmäßiger EU-Ratspräsident die Verhandlungen der EU mit Libyen leitete. Die Verhandlungen seien "diskret, intensiv und effektiv" gewesen.

"Erleichtert und zufrieden"

Die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey bedankte sich am Montag bei allen, die zur Freilassung von Max Göldi beigetragen haben. Besonderer Dank ging an die EU und an Finanzminister Hans-Rudolf Merz, der im Vorjahr Schweizer Bundespräsident war und mit seinen Rückkehrbemühungen scheiterte. Göldis Rückkehr in die Schweiz sei weder ein Zufall noch eine Laune des Schicksals, sagte Calmy-Rey. Viel mehr handle es sich um die Frucht unermüdlicher Bemühungen und monatelanger Anstrengungen. "Wir sind alle erleichtert und zufrieden." Dank gehe an ihre Mitarbeiter, aber auch insbesondere an ihre Amtskollegen von Spanien und Deutschland, an den spanischen König Juan Carlos und den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, der am Sonntag wie Moratinos und Calmy-Rey nach Libyen geflogen war. "Die Schweiz hat Freunde, viele Freunde." Merz freue sich für Max Göldi und dessen Familie über die Rückkehr des Schweizers aus Libyen ließ der Finanzminister mitteilen.

Nach der Rückkehr Göldis fordert die Geschäftsprüfungskommission (GPK), die in der Schweiz die Bundesbehörden evaluiert, die Herausgabe aller wichtigen Unterlagen für ihre Untersuchung in der sogenannten Affäre Gaddafi. Bis jetzt klappe dies gut, sagte Ständerat Peter Briner von der zuständigen Unterkommission am Montag. Das Gremium untersuche, wie die Schweizer Behörden mit der Libyen-Krise umgegangen seien. Die Anhörungen von Mitarbeitern der Verwaltung dauern demnach bis im Herbst. Für die Außenpolitische Kommission des Nationalrats geht es nun darum, die künftigen Beziehungen zu Libyen zu diskutieren, wie Präsidentin Christa Markwalder sagte. Sie bekräftigte zudem das Dementi der Genfer Behörden, dass der Kanton keine Entschädigungszahlung nach Tripolis geleistet habe.

"Canossagang"

"Der Bundesrat (die Regierung; Anm.) soll seine Fehler eingestehen", sagte der Generalsekretär der rechtskonservativen SVP (Schweizerische Volkspartei), Martin Baltisser auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Der diplomatische Weg der Schweiz sei nicht gelungen. Dafür macht die SVP in erster Linie Calmy-Rey (Sozialdemokratische Partei/SP) und Merz (FDP/Freisinnig-Demokratischen Partei) verantwortlich. Merz hatte nach einem in großen Teilen der Schweizer Öffentlichkeit als "Canossagang" empfundenen Blitzbesuch in Tripolis im August 2009 erklärt, er habe von den libyschen Behörden die Zusage erhalten, dass die beiden Schweizer heimkehren könnten - was sich zumindest als voreilig herausstellte.

Auch Grüne und BDP (Bürgerlich-Demokratische Partei) forderten eine Untersuchung der Libyen-Reise des damaligen Bundespräsidenten Merz. BDP-Chef Hans Grunder kritisierte die "Einzelaktionen" der Bundesräte. Auch das Vorgehen des Außenministeriums (Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten/EDA) müsse geklärt werden, erklärten die Grünen.

Nervenkrieg zwischen Libyen und Schweiz

Für die CVP (Christliche Volkspartei) stehen eher die Geschehnisse in Genf im Vordergrund. Auch die BDP, die Grünen und die FDP forderten Aufklärung über die Festnahme von Hannibal al-Gaddafi, Sohn von Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi und dessen Ehefrau in Genf. Ein Abbruch der Beziehungen zu Libyen ist momentan für keine Partei ein Thema, erklärte CVP-Generalsekretär Tim Frey. Es gelte nun abzuwarten, wie sich die Beziehungen nach der Vertragsunterzeichnung entwickelten. Der Ball liege bei Libyen, sagt SVP-Generalsekretär Baltisser. Deshalb sei es schwierig zu beurteilen, wie die Zukunft aussehe.

Göldi war das letzte Opfer im Nervenkrieg zwischen Libyen und der Schweiz, der vor zwei Jahren mit der vorübergehenden Verhaftung des Gaddafi-Sohnes in Genf begonnen hatte. Hannibal Gaddafi und seine Frau sollen Hotelangestellte misshandelt haben, was sie bestritten. Zusammen mit Göldi war Rachid Hamdani, ein Schweizer Geschäftsmann tunesischer Herkunft, vermeintlich aus Vergeltung in Libyen vor Gericht gestellt worden. Den beiden Männern wurden unter anderem Visa-Vergehen vorgeworfen. Hamdani konnte Libyen später verlassen. Dagegen wurde Göldi im Februar zu der Gefängnisstrafe verurteilt.

Hamdani übte unterdessen in einem in der Zeitung "Le Matin" scharfe Kritik am Verhalten der Genfer Behörden in der Affäre Gaddafi. Während seiner Gefangenschaft habe er nie ein Zeichen der Unterstützung erhalten, obwohl sie die Krise ausgelöst hätten. Hamdani und seine Frau drückten gegenüber der Nachrichtenagentur SDA (Schweizerische Depeschenagentur) allerdings ihre "Dankbarkeit" gegenüber den Schweizer Bundesbehörden aus, die "seit Beginn ohne Pause gearbeitet" hätten. Mit großer Erleichterung hätten sie von der Rückkehr Max Göldis in die Schweiz in der Nacht auf Montag erfahren. (APA/sda)