Wien - Dass sich das Bundesheer einmal einer Panzerschlacht im Marchfeld stellen würde müssen, hat spätestens seit der Raumverteidigungsdoktrin der 70er-Jahre niemand mehr geglaubt. Man hat dennoch die Panzerflotte erneuert, "entgegen dem Eindruck, den der Abgeordnete Peter Pilz leider verbreitet, haben wir mit dem Leopard 2A4 und dem Ulan sehr moderne Panzer", sagt Verteidigungsminister Norbert Darabos.
Die Frage ist, ob Österreich sie in der jetzigen strategischen Situation überhaupt braucht - die Rolle der Panzerwaffe wurde unter anderem in der Bundesheerreformkommission von Helmut Zilk relativiert.
Darabos beantwortet die Frage im Standard-Gespräch zweiteilig:
- Ja, das Bundesheer brauche auch in Zukunft sämtliche Waffengattungen. Damit erteilt er den von seiner SPÖ vor mehr als 20 Jahren entwickelten Überlegungen für ein "Bundesheer light" ohne schwere Waffen eine endgültige Absage.
- Nein, das Bundesheer brauche dazu nicht eine große Zahl von Panzern. Daher ordnet der Minister an: Die 114 im Jahr 1996 gekauften Leopard-Panzer sollen zum Großteil eingemottet werden, ebenso ein Teil der Ulan- und Kürassier-Flotte sowie der Artillerie (M 109).
Damit könnten sich bei der Truppe massive Einsparungen ergeben, ohne dass man eine der Waffengattungen gänzlich stilllegen müsste. Ziel ist es, dass im Bundesheer eine Grundfähigkeit zum Betrieb von Panzern und Geschützen erhalten bleibt, damit diese Waffengattungen bei Bedarf wieder zu ihrer vollen Stärke aufwachsen können. Dies würde bedeuten, dass größere Truppenteile in einen Konservierungszustand versetzt werden, wobei einige (Berufs-)Soldaten weiter mit wenigen Geräten üben würden. Nur in einem (derzeit nicht wahrscheinlichen) Ernstfall würde man die gesamte Stückzahl wieder verfügbar machen und die Mannschaften (eventuell aus der Miliz) auffüllen.
Entsprechende Überlegungen passen in ein Gesamtkonzept, das der Generalstab derzeit ausarbeitet, um es dem Minister in den nächsten Wochen vorzulegen. Dass dabei mehrere Denkvarianten - etwa vom Streitkräftekommandanten, Generalleutnant Günter Höfler - öffentlich diskutiert wurden, findet Darabos in Ordnung - obwohl in seinem engeren Umfeld über die Äußerungen Höflers blankes Entsetzen geherrscht hat: "Ich habe nie Denkverbote ausgesprochen." Höfler hatte sich im Profil unter anderem für "robustere Einsätze" (die auch Kampfaufträge enthalten könnten) ausgesprochen und angeregt: "Unsere Eurofighter könnten in Zukunft durchaus auch international eingesetzt werden, etwa bei einer von der EU durchgeführten Überwachung einer No-Fly-Zone."
Darabos hält dieses - vor zehn Jahren von seinem Vor-Vorgänger Herbert Scheibner entwickelte Szenario - für keine gute Idee: "Auch wenn man sagt, ein Eurofighter ersetze 1000 Soldaten, so muss man doch bedenken, dass für eine Auslandsverwendung des Eurofighters einige 100 Millionen Euro investiert werden müssten" , sagte Darabos dem Standard.
Außerdem sei das bisher umgesetzte Konzept, mit größeren Kontingenten von österreichischen Truppen in Krisengebieten Flagge zu zeigen, im Inland ebenso wie auch international anerkannt.
Daran werde man allen Sparvorgaben trotzend festhalten. Und es soll einen weiteren "schmerzhaften" Schnitt bei der zentralen Verwaltung des Verteidigungsministeriums geben, um Dienstposten bei der Truppe nachbesetzen zu können. Sonst könnten die vorgegebenen Personaleinsparungen nämlich dazu führen, dass es nicht mehr genügend junge Kadersoldaten gibt, die die Rekruten auszubilden haben. Denn auch daran hält Darabos fest: Das Bundesheer soll sich weiterhin durch Wehrpflichtige ergänzen und kein Berufsheer werden. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.6.2010)