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Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Eigentlich sollte hier eine andere Geschichte stehen - aber mit der gleichen Hauptdarstellerin. Denn am Wochenende habe ich eine Veranstaltung moderiert, bei der Anna F. auftrat - und nach allem, was ich im Vorfeld über das Werbe- und Popsternchen F. gehört hatte, war ich optimistisch, hier später ausführlich erzählen zu können, wie zickig, die Musikerin ist, die ich erst kenne, seit Sandra Pires angeblich sah, wie Frau F. mit ihrem (Pires) Noch-Ehemann Spaß hatte.

Dass Anna F. für mich damit nicht einmal unter "weltberühmt in Österreich" läuft, Society-Schreib-Kollegen aber zwischen "Zicke" und "Ziege" schwankten, um dann "du wirst schon sehen" zu sagen, versetzte mich in freudige-angstvolle Erwartung.

Seestadt

Am Tag vor dem Event vor Ort - es galt, dem bürgermeisterlichen Anstich des Sees zur "Seestadt Aspern" einen volksfestlichen Rahmen zu geben - sagte man mir, dass das riesige Zelt hinter der Bühne ausschließlich der Sängerin zur Verfügung stehen solle: Alle, wirklich alle, anderen Akteure, hieß es, hätten keinen Zutritt - und müssten sich sonst wie umziehen oder frisch machen. Passt, dachte ich.

Am Samstag stand mir dann eine hübsche junge Frau gegenüber: „Ich bin die Anna, wie heißt du?" Im Zelt saßen Musiker, Promotoren, Stagehands und Securities. Alle bedienten sich aus dem Eiskasten und am Buffet. Es war brüllend heiß - Schatten gab es nur hier. "Brauchst du Sonnencreme?", fragte die angekündigte Zicke: Anna F.

Nach dem Soundcheck fuhren Band und Sängerin schwimmen. Aber sie waren pünktlich wieder da. "Wie soll ich euch ansagen?" - "Naja, dass wir jetzt auftreten halt." "Sonst nix?" "Kannst du unseren Merchandisingtisch erwähnen?" Der Tourmanager kam dazu: "Amadeus, Popact2009, Gold fürs aktuelle Album." Anna nickte: "Ja, das wäre nett."

Abwarten

Ich rief zwei Kollegen an: Ob sie sicher seien, dass wir von der gleichen Musikerin gesprochen hätten: "Wart ab - das kommt noch." Dass Seestadt-Fest war nicht überlaufen. Bei 35 Grad fahren die Wiener lieber an existierende Gewässer, als ihrem Bürgermeister beim Anschaufeln eines Bald-Sees in einer Bald-Stadt auf einer Noch-Gstätten zuzusehen: Als Anna F spielte, standen keine 300 Menschen vor der Bühne. Und die kleinen Fußballtore neben der Bühne waren hitzebedingt vereinsamt.

"Will echt keiner Fußballspielen?" kam zwischen zwei Songs von der Bühne. "Wisst ihr was, nach dem Gig spiele ich. Wer noch?" Ha, dachte ich, jetzt hab ich dich -du stellst dich da doch nicht hin!

Nach dem Konzert gab Frau F Autogramme, bis der letzte Fan happy war. Fünf Minuten später stand sie am Fußballplatz. Mit Band - gegen oder mit allen, die da waren. Als Anna und Band nach 30 Minuten ins schattige Zelt kamen und mit keinem Ton kommentierten, dass in der Zwischenzeit alle kalten Getränke vernichtet waren, war meine Stimmung auf dem Tiefpunkt.

Also doch!

Meine Kollegen rüffelten mich. Ich hätte eben etwas übersehen: "Sie hat bestimmt Faxen gemacht. Das Set gekürzt. Fans blöd angeredet. Nur zwei Zugaben gespielt. Die ist so!" Tatsächlich: Es hatte gar keine Zugabe gegeben. "Na eben! Was für eine arrogante, überhebliche Kuh! Da fahren Fans bei einer Affenhitze extra in die Pampa - und die Alte ist sich zu gut, auch nur eine Zugabe zu geben."

Ich nickte - und verschwieg, dass ich dabei war, als die Band von der Bühne kam. Ich sollte ja den nächsten Programmpunkt anmoderieren. "Geht ihr noch mal raus?" Anna: "Klar." Die Band nickte. Nur der älteste Musiker nicht: "Sicher nicht. Ist doch nur heiß. Für die paar Hanseln?" Ich: "Sicher?" Anna: "ich spiel gern weiter - aber es müssen halt alle raus." Ältester Musiker: "Ohne Mich." Anna: "Sorry."

"Das lässt du schön unerwähnt," erklärte die Kollegin von der bunten Zeitung als ich ihr das erzählte, apodiktisch: "Das will keiner hören. Die ganze Branche weiß, dass Anna F. ein überhebliches Miststück ist. Und das Letzte was wir brauchen, ist einer, der da aus der Reihe tanzt." (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 14. Juni 2010)