Im ehemaligen Lager am Südwest-Eck des grauen Schwendermarkts im 15. Wiener Gemeindebezirk kocht Trang Dang einfache vietnamesische Speisen

Foto: Jasmin Al-Kattib

Dreizehn Jahre ist es her, als Trang nach Österreich kam und begann, ihr Arbeitsleben in verschiedenen Küchen Wiens fortzusetzen.

Foto: Jasmin Al-Kattib

Viele junge Leute, die schon einmal in Vietnam waren oder eine Reise planen, kommen vorbei...

Foto: Jasmin Al-Kattib

... um sich bei Trang ein paar Insider-Tipps abholen

Foto: Jasmin Al-Kattib

Bunt ist es geworden, das ehemalige Lager am Südwest-Eck des grauen Schwendermarkts im 15. Wiener Gemeindebezirk. Vier quadratische Tische mit schrillen Plastiktischdecken, rot-graue zweckmäßige Klappstühle, ein überdimensionaler Fächer und bambuseingefasste Bilder an den Wänden: Wer in Wien ein Stückchen unprätentiöses Vietnam spüren möchte, ist hier goldrichtig.

Hundert Kilo Nudelsuppe

Trang Dang hat ihr Leben lang gekocht. Mit siebzehn Jahren begann für sie die harte Arbeit in der Küche. "Ich habe in Vietnam im Imbiss meiner Tante gearbeitet und täglich hundert Kilo Nudelsuppe gekocht und verkauft," erinnert sich Trang an die Zeit, in der sie ein Kochteam von sieben Personen leitete. "Ich war sehr unzufrieden. Ich musste immer um vier Uhr früh aufstehen, dann auf den Markt gehen und Nudelsuppe verkaufen. Nachmittags hatte ich eine Pause, aber dann ging es wieder weiter bis ein Uhr in der Früh. Und am nächsten Tag musste ich wieder um vier Uhr auf."

Wie eine Familie

Dreizehn Jahre ist es her, als Trang nach Österreich kam und begann, ihr Arbeitsleben in verschiedenen Küchen Wiens fortzusetzen. Dass sie nun endlich ihren Traum vom eigenen Imbiss leben kann, verdankt sie einem vietnamesischen Landsmann, der wie Trang aus der Region Hue stammt. "Er kommt aus demselben Ort wie ich, und wir haben uns in Wien zufällig wieder getroffen - das ist Schicksal." Trangs Augen leuchten, wenn sie vom eigentlichen Besitzer des "Hello Vietnam" erzählt: "Er ist wie ein Bruder, wie eine Familie für mich. Und er hat sehr viel in das Lokal investiert." Jetzt liegt es an Trang, dafür zu sorgen, dass das Geschäft gut läuft und auch bald Gewinn abwirft - der dann geteilt wird, wie es in einer Familie üblich ist.

Zutaten und Fotos

Momentan sieht es so aus, als würde der gemeinsam geschmiedete Plan, durch authentische und einfache vietnamesische Küche zu punkten, aufgehen. Mit scheinbarer Leichtigkeit kocht und serviert Trang alles allein. Wer will, wird obendrein mit ausführlichen Erklärungen über die Zutaten ihrer Gerichte oder persönlichen Geschichten und Fotos aus Vietnam versorgt.

Keine scharfen Speisen

Die kleine Speisekarte umfasst ein überaus preisgünstiges Sortiment an frischen Reispapier-Rollen, Suppen, Nudel- und Reisgerichten, wie man sie am Land in der Region Hue gerne isst. Was manche verwundern mag: Trangs Gerichte sind nicht scharf. Sie will ihre Gäste keinesfalls mit etwaigen Magenschmerzen beleidigen. "Wenn meine Gäste es scharf haben wollen, können sie sich gerne Chili nehmen" - der steht neben Salz und Pfeffer auf jedem Tisch. "Auch am Land in Hue kocht man nicht sehr scharf, zumindest nicht so scharf, dass man es nicht mehr essen kann," schmunzelt Trang.

Leidenschaft Leitungswasser

Österreich ist längst ihre zweite Heimat geworden, das bemerkt sie vor allem dann, wenn sie in Vietnam ihre Familie besucht und beginnt, Wien zu vermissen. Hier hat Trang zudem eine Leidenschaft entwickelt, der sie ganz und gar erliegt. "Das Wiener Leitungswasser hat mich süchtig gemacht," schwärmt sie und lacht. "Immer wenn ich in Vietnam bin, sage ich, oh Gott, wann komme ich endlich wieder nach Österreich um das gute Wasser zu trinken!"

Insider-Tipps

Aus der anfänglichen Laufkundschaft hat sich bereits eine kleine Stammkundschaft entwickelt. Darunter viele junge Leute, die schon einmal in Vietnam waren oder eine Reise planen und sich bei Trang ein paar Insider-Tipps abholen. Wenn sie grade keine Gäste zu bedienen hat und die Sonne scheint, dann sitzt die vietnamesische Wienerin stolz am kleinen Tisch vor ihrem Lokal, entspannt ihren überanstrengten Rücken und beobachtet das Treiben am beinahe vergessenen Schwendermarkt. (Jasmin Al-Kattib, daStandard.at, 14.6.2010)