Paris - Im Prozess um die milliardenschweren Fehlspekulationen des französischen Ex-Börsenhändlers Jérôme Kerviel haben seine Vorgesetzten eine Mitschuld von sich gewiesen. Die Chefs von Société Générale (SocGen) seien über die kriminellen Handelsgeschäfte des 33-jährigen nicht im Bilde gewesen, sagte der Leiter des Wertpapierhandels der Bank, Christophe Mianne, am fünften Prozesstag am Montag in Paris.

Kerviel habe Spuren verwischt und unerlaubte Handelspositionen verborgen. Kerviel soll für einen der größten Spekulationsverluste aller Zeiten verantwortlich sein. Die 2008 bekanntgewordenen Handelsgeschäfte kosteten Frankreichs zweitgrößte Bank nach eigenen Angaben fast fünf Milliarden Euro. Kerviel räumte bei seiner Aussage ein, Handelspositionen über rund 50 Mrd. Euro aufgebaut zu haben. Er behauptete aber, seine Chefs hätten von den illegalen Geschäften gewusst. "Ich habe die Positionen versteckt, um den Schein zu wahren. Was ich getan habe, war für jedermann ersichtlich", verteidigte sich Kerviel. Zu Prozessbeginn in der vergangenen Woche hatte er gesagt, seine Chefs hätten ihn zu riskanten Geschäften ermutigt.

Auch eine Freundin des Franzosen und frühere SocGen-Mitarbeiterin, Valerie Rolland, unterstrich vor Gericht diese Sichtweise. Die Geschäfte Kerviels seien für die Chefs in mehreren Datenbanken nachvollziehbar gewesen, sagte die ehemalige Richtlinienbeauftragte der Bank.

Kerviel ist der Untreue, des Computer-Missbrauchs sowie der Fälschung angeklagt. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft sowie eine Geldbuße von 375.000 Euro. Der Gerichtsprozess, der bis zum 25. Juni geht, wird von einem großen Medienaufgebot begleitet. Frankreichs Regierung hatte die Großbank mit 1,7 Mrd. Euro stützen müssen, damit sie den Verlust und die Folgen der globalen Finanzkrise verkraften konnte. (APA/Reuters)