Gegen den geplanten Ausbau des AKWs im slowakischen Mochovce zieht Wien nun vor den Europäischen Gerichtshof.

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Wien - Die slowakische Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für den Ausbau des AKWs Mochovce ist durch, die EU-Kommission hat eine diesbezügliche Beschwerde Wiens abgewiesen. Nun hat das Land Wien beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen die EU-Kommission eingebracht.

204.162 Wienerinnen und Wiener haben im vergangenen Herbst bei der grenzüberschreitenden UVP gegen den geplanten Weiterbau der Blöcke 3 und 4 unterschrieben. Die beiden Reaktorblöcke sollen mit Originalteilen aus den 1980er-Jahren fertiggestellt werden und 2012 ans Netz gehen.

Die Beschwerde Wiens vom Dezember sei, so Umweltstadträtin Ulli Sima (SP), von der Kommission "mit mehr als fadenscheinigen Argumenten" abgewiesen worden. So sah die EU-Kommission kein Problem darin, dass die Baubewilligung für Mochovce aus dem Jahr 1986 stammt. Außerdem gelte die europäische UVP-Richtlinie in der Slowakei erst seit 2004, somit liege kein Verstoß gegen das europäische UVP-Recht vor, so die Argumentation der Kommission. "Mit unser Klage fordern wir, dass sich die Kommission mit den Sicherheitsdefiziten auseinandersetzt", sagt Sima.

UVP-Richtlinie nicht korrekt umgesetzt

Ein zentraler Punkt der Klage, die dem STANDARD vorliegt: Nach Ansicht Wiens wurde die europäische UVP-Richtlinie in der Slowakei nicht korrekt in nationales Recht umgesetzt, wie David Reinberger von der Wiener Umweltanwaltschaft erläutert. "Während in Österreich eine UVP mit einem Bescheid abgeschlossen wird, gibt es in der Slowakei nur den Standpunkt der Behörde" , so Reinberger, und dagegen gebe es im Gegensatz zu einem Bescheid keine Rechtsmittel. Da die Slowakei aber eine UVP durchgeführt hat, so der Jurist, müsse diese dem Gemeinschaftsrecht entsprechen.

Keine Dokumenteneinsicht

Weiters beruft sich das Land in seiner Klage auf das Recht auf Information und Aktenzugang, das in der europäischen Grundrechtecharta verankert ist, und fordert die Übermittlung sicherheitsrelevanter Dokumente. Sima: "Trotz offizieller Anfrage vonseiten des Landes Wien vor Monaten ist dazu bis heute keine Antwort eingelangt. Das ist verwunderlich, hat doch jeder Bürger ein Recht auf Antworten binnen vier Wochen."

Das UVP-Verfahren hatte bereits Anfang Mai zu diplomatischen Verstimmungen geführt. Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) sprach damals von einem "Affront gegen Österreich" , das österreichische Außenamt lud den slowakischen Botschafter vor.

Im Rahmen des bilateralen Nuklearinformationsabkommens werde man selbstverständlich weiterhin Sicherheitsfragen besprechen, hieß es am Montag im Umweltministerium - so lange, bis alle offenen Fragen beantwortet seien. (Bettina Fernsebner-Kokert/DER STANDARD-Printausgabe, 15.6.2010)