Quelle: FPÖ

Wien - Brüssel als dekadenter Sündenpfuhl, die EU-Kommission als "abgehobene, undemokratische Runde" und der angeblich von SPÖ, ÖVP und Grünen betriebene EU-Beitritt Israels: Diese Darstellung Europas hat die FPÖ im EU-Wahlkampf 2009 als Comic unter dem Titel "Der Blaue Planet" an Tausende Jungwähler verschickt - finanziert aus der staatlichen Förderung für politische Bildungsarbeit. Nun könnte der FPÖ eine Rückzahlung drohen. Im zuständigen Beirat des Kanzleramts wurde am Dienstag ein vernichtendes Experten-Gutachten präsentiert. Das Grüne Beiratsmitglied Werner Kogler hofft auf einen Rückforderungs-Beschluss bei der nächsten Sitzung im Juli.

Jährlich erhalten die Parteien fast 12 Millionen Euro an öffentlicher Förderung für ihre "Parteiakademien". Damit das Geld tatsächlich in die politische Bildungsarbeit fließt (und nicht etwa in Wahlpropaganda), legt das Publizistikförderungsgesetz bestimmte Mindeststandards für die Mittelverwendung fest, außerdem gilt ein Richtlinienkatalog des zuständigen Beirats im Bundeskanzleramt. Demnach soll die politische Bildungsarbeit ein "umfassendes Verständnis von Demokratie" fördern und zur "Erziehung demokratisch denkender, aufgeschlossener dem Pluralismus bewusster Menschen" dienen.

"Zum Teil sachlich falsch (...) oder rein polemisch"

Angesichts des FP-Wahlkampfcomics über "HC's Kampf für Freiheit gegen eine zentrale EU" hat der Publizistikförderungsbeirat den Wiener Verfassungsrechtler Heinz Mayer um ein Gutachten gebeten - und das der APA vorliegende Papier ist vernichtend ausgefallen: Demnach ist der Comic durch keine einzige der fünf in den Richtlinien genannten Zielsetzungen der Akademieförderung gedeckt. Auch die im Comic eingestreuten Fußnoten mit Sachinformationen ergeben laut Mayer kein anderes Bild, zumal die Fußnoten "zum Teil sachlich falsch (...) oder rein polemisch" seien.

"Die Publikation bedient alle negativen Klischees, die aus den Medien bekannt sind, auf einem sehr tiefen Niveau. Ein Informationsgehalt ist nicht zu finden", urteilt Mayer in seinem Gutachten. "Die Darstellung der Europäischen Union als geldgieriges, überhebliches autoritäres Monster mag man als politische Propaganda hinnehmen, als politische Bildungsarbeit kann eine solche Darstellung jedenfalls nicht qualifiziert werden", heißt es weiter. Das in einer Demokratie notwendige Abwägen von gegenläufigen Interessen werde "nicht einmal in Ansätzen sichtbar gemacht". Selbst die durch die Förder-Richtlinien gedeckte Politisierung der Bürger erfolge in dem Comic "in einer ganz einseitigen Weise".

Entscheidung liegt bei Faymann

Über die weitere Vorgehensweise will der Beirat, in dem Regierung und Parteien vertreten sind, in seiner nächsten Sitzung am 6. Juli entscheiden. Bis dahin soll das FP-Bildungsinstitut (FBI) eine Gegenstellungnahme vorlegen, wie Kogler sagte. Er hofft auf eine Empfehlung des Beirats für die Rückforderung der für das Comic verwendeten Fördermittel. "Weil es nicht hinzunehmen ist, dass Hunderttausende Steuereuro für diese Methode der Darstellung und diese inhaltliche Hetze hergegeben werden", wie Kogler kritisierte.

Freilich kann der Beirat nur eine Empfehlung abgeben - die Entscheidung liegt dann bei Kanzler Werner Faymann.

FP-Akademie hält Gutachten für tendenziös

Der Geschäftsführer des Freiheitlichen Bildungsinstituts Klaus Nittmann weist das Mayer-Gutachten als "tendenziös" zurück. Sollte die Diskussion um den "Lerncomic" (Nittmann) über die EU tatsächlich zu einer Rückforderung führen, dann will er dagegen gerichtlich vorgehen. "Wir werden einer Verhandlung vor den ordentlichen Gerichten sehr gelassen entgegen sehen", sagte Nittmann. Schließlich erlaube das Publizistikförderungsgesetz auch die Darstellung von Themen aus Perspektive der jeweiligen Partei - und im Begleitschreiben zu dem Comic sei auch explizit auf dessen teils tendenziöse Darstellung hingewiesen worden.

Nittmann hofft, dass die ÖVP einer Rückforderungs-Empfehlung nicht zustimmt und sich im Beirat eines "demokratisch-freiheitlichen Verständnisses besinnt". Die Genauen Kosten des EU-Comics konnte Nittmann nicht beziffern, eine Größenordnung zwischen 200.000 und 300.000 Euro werde aber "in etwa stimmen". (APA)