Wien - Viele fordern mehr Polizisten auf der Straße. 1000 mehr sollen es allein in Wien sein. Doch kann eine starke sichtbare Präsenz von Uniformierten oder auch von privaten Security-Leuten die Bevölkerung nicht auch verunsichern? Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl könnte das erst beurteilen, wenn er die 1000 zusätzlichen Beamten hätte. Zum Standard-Montagsgespräch ins Haus der Musik in der Wiener Innenstadt kam er jedenfalls mit einer guten Nachricht: die Einbruchskriminalität geht massiv zurück. "Im Vorjahr hatten wir 30 Einbrüche in Wohnhäuser pro Tag. Derzeit sind es nur mehr sechs bis sieben täglich", erklärte Pürstl am Montagabend einem erstaunten Publikum.
Damit dürfte also auch der Idee der Wiener ÖVP-Chefin Christine Marek, Militärpolizei zum Hilfseinsatz zu bringen, die Grundlage entzogen worden sein. Eine Idee, der Peter Pilz von den Grünen, der gemeinsam mit Pürstl, Amnesty-Chef Heinz Patzelt und Group4-Direktor Harald Neumann auf dem Podium saß, genau nichts abgewinnen kann. Politiker der Regierungsparteien machten sich seiner Meinung nach überhaupt häufig zu "Witzfiguren der Sicherheitspolitik". Beispiel Grenzeinsatz im Burgenland: "Die Soldaten haben dort im gesamten Vorjahr 22 Anzeigen erstattet. Und das bei Kosten von 22 Millionen Euro pro Jahr", rechnete Pilz vor und musste sich von Standard-Moderator Gerfried Sperl dafür den Vorwurf der Polemik gefallen lassen. Gefühlte Sicherheit lasse sich eben nur schwer in Zahlenmaterial fassen.
Dabei gilt gerade Wien doch als eine der sichersten Städte der Welt. Was Amnesty-Chef Patzelt zwar auch persönlich so empfindet, doch gelte dieses Sich-sicher-Fühlen nicht für alle Bevölkerungsschichten. "Wer keine weiße Hautfarbe hat und nicht gut angezogen ist, wird tendenziell als Sicherheitsrisiko eingestuft", so Patzelt und erneuerte den Vorwurf des "Ethnic Profilings". Patzelt: "Es ist absolut nicht in Ordnung, wenn die Polizei bei Ermittlungen gegen georgische Tätergruppierungen wahllos nach den Meldelisten der Fremdenpolizei vorgeht."
Was Pürstl energisch zurückwies: "Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Infos haben. Aber sie sind falsch. So lange ich Polizeipräsident bin, wird die Exekutive ausschließlich auf legalem Weg versuchen, Verbrechen zu klären." Er könne aber naturgemäß nicht für jeden einzelnen Beamten die Hand ins Feuer legen.
Pilz wiederum warf Polizei und Justiz vor, sich zu sehr auf kleinkriminelle Delikte zu konzentrieren: "Die 'Ndrangheta wäscht Milliarden Euro in Wien, ehemalige Regierungspolitiker begehen ungeheure Finanzdelikte, aber in Österreich ist immer nur von Einbrechern die Rede."
Group4-Chef Neumann glaubt hingegen nicht, dass Causen wie Bawag oder Buwog das Sicherheitsgefühl beeinflussen. Sein praktischer Rat: "Nicht alles Polizei und Politik überlassen, sondern Eigenverantwortung zeigen." (Michael Simoner, DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2010)