Für den langjährigen Baumanager bei der Porr, Wolfgang Hesoun, ist der Wechsel an die Spitze von Siemens Österreich ein großer Karrieresprung. Dass die Wahl auf den Neffen des früheren SP-Sozialministers Josef "Jolly" Hesoun fiel, ist von Siemens gut überlegt worden: Denn der Münchener Technologiekonzern braucht für seine wichtigste Auslandstochter eine Führungskraft mit guten Kontakten zur Politik. Schließlich will Siemens Züge an die ÖBB verkaufen (Siemens ist der größte Lieferant der Bahn), U-Bahnen an die Stadt Wien und Turbinen an den Verbund. Und Hesoun kennt die "Hintermänner" beider Institutionen sehr gut.
ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker war Hesouns Vorgänger und langjähriger Mentor bei der Porr. Von ihm wurde er als sein Nachfolger vorgeschlagen. Im Unterschied zu Pöchhacker hatte der 50-Jährige allerdings nicht das stählerne Nervenkostüm, um die Zwistigkeiten unter den Porr-Eigentümern locker wegzustecken. Oder anders ausgedrückt: Ein Pokerface hat der neue Siemens-Boss nicht. Wann immer ihn etwas gegen den Strich geht, dann merkt man ihm das in der Sekunde an. An seinem Gesichtsausdruck kann man förmlich ablesen, was er denkt. Die Gelassenheit seines Vorgängers fehlt ihm - noch immer.
Mit den Entscheidungsträgern in der Stadt Wien ist Hesoun ebenfalls vertraut. Von der Gemeinde hat die Porr die Wibeba und die Teerag-Asdag AG gekauft. Und die Wiener Stadtwerke sind noch immer mit rund 4,5 Prozent an der Porr beteiligt.
Gänzlich fremd sind Hesoun Attribute wie Eitelkeit oder Überheblichkeit. Auf dem Society-Parkett ist er auch kaum anzutreffen. Das hat ihn schon immer von seinem Ex-Kollegen im Porr-Vorstand, Martin Huber, der unter Schwarz-Blau ÖBB-Chef wurde, unterschieden. Huber und Hesoun verbindet eine innige Feindschaft - nicht zuletzt wohl, weil beide bei Porr an die Spitze wollten.
Hesoun ist in Brunn/Gebirge daheim, wo er mit seiner Frau, einer medizinisch-technischen Assistentin, lebt. Aus der Ehe stammt ein Sohn.
Begonnen hat Hesoun seine Karriere einst bei der Porr als Ferialpraktikant. Nach einem Zwischenstopp bei Siemens Deutschland im Kraftwerksbau verschaffte ihm sein Onkel einen Job beim Verbund-Vorgänger Donaukraft. Die Porrianer hielten aber so große Stücke auf Hesoun, dass sie ihn nach wenigen Monaten von dort wieder abwarben. Das war 1987. Jetzt kam wieder Siemens zum Zug. (Claudia Ruff, DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2010)