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Im Amazonasbecken finden sich inmitten der ausgelaugten rötlich-gelben Böden auch besonders fruchtbare Stellen. Im Rahmen eines Richter-Stipendiums des FWF werden diese nun analysiert

Foto: REUTERS/Sergio Moraes

An der Uni Wien wird das Naturprodukt nun genauer untersucht.

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Die Hoffnungen, mit Biodiesel einen entscheidenden Beitrag für Klima und Umwelt leisten zu können, wurden enttäuscht. Das neue Wundermittel aus der Natur heißt

Biochar und ist eigentlich schon seit Jahrtausenden bekannt. Die englische Elise-Richter-Stipendiatin Rebecca Clare Hood-Nowotny untersucht die Biokohle derzeit am Department für Chemische Ökologie und Ökosystemforschung an der Universität Wien auf Chancen und Risiken.

Als der spanische Offizier und Eroberer Francisco de Carvajal im 16. Jahrhundert den Amazonas befuhr, berichtete er von Städten entlang des Flusses, die von zehntausenden Menschen bevölkert wurden. Diese Darstellung ließ sich bei späteren Expeditionen nicht untermauern. Die Wissenschaft schenkte ihr in der Folge auch aus einem anderen Grund keinen Glauben: Lange Zeit war man sich einig, dass die nährstoffarme und entsprechend unfruchtbare Erde des Gebietes solche Menschenmassen nie hätte ernähren können.

Durchsetzt von Tonscherben

Heute denkt man anders darüber: An vielen Stellen des Amazonasbeckens finden sich inmitten der üblichen ausgelaugten, rötlich-gelben Böden fruchtbare Flecken, die sogenannte "Terra Preta" (Portugiesisch für "Schwarze Erde"). Während man deren Entstehung früher gerne auf Vulkanasche zurückführte, geht man heute davon aus, dass es sich um ein Produkt menschlicher Landwirtschaft handelt. Offenbar mischten die Amazonas-Bauern lange vor Columbus die vorhandene Erde mit Biokohle, Biochar genannt. Biochar entsteht wie Holzkohle durch die langsame Verbrennung bei niedrigen Temperaturen von organischen Materialien wie Stroh, Pflanzenresten, Trockenmist oder auch Küchenabfällen. Tatsächlich ist die Terra Preta durchsetzt von Tonscherben und anderen zivilisatorischen Resten wie etwa Muschelschalen, Fischgräten und Tierknochen. Mit Biochar gedüngter Boden weist deutlich erhöhten Nährstoffgehalt, besseres Wasserspeichervermögen und eine dichte Besiedlung mit Mikroorganismen auf - alles Umstände, die seine Fruchtbarkeit markant erhöhen. Dabei ist die Biokohle extrem langlebig: Während unverkohltes organisches Material im tropischen Boden innerhalb weniger Monate abgebaut wird, schätzt man die Haltbarkeit von Biochar auf tausend bis zehntausend Jahre. Die Terra Preta ist noch heute um ein Vielfaches fruchtbarer als künstlich gedüngte Amazonaserde.

Schadstoffarme Energie

Während die präkolumbischen Landwirte jedoch nur die ertragssteigernde Wirkung der Biokohle nutzen konnten, hat sie für heutige Gesellschaften noch andere Vorteile in petto: Bei ihrer Erzeugung fallen nämlich auch Wärme und Gas an, die zur Erzeugung von schadstoffarmer Energie verwendet werden können. Von herausragendem Interesse ist sie derzeit allerdings vor allem im Hinblick darauf, dass sie helfen könnte, die Klimaerwärmung zu reduzieren: Wandelt man Biomasse nämlich in Biochar um, statt sie zu verbrennen oder verrotten zu lassen, wird der darin enthaltene Kohlenstoff, der sonst in Form der Treibhausgase CO2 und Methan in die Atmosphäre gelangen würde, langfristig gebunden und dadurch aus dem Kohlenstoffzyklus herausgenommen, wie Bodenforscherin Hood-Nowotny erklärt.

Biochar könnte also ein hervorragendes natürliches Düngemittel sein, das großflächig angewandt nebenbei auch hilft, die Klimaproblematik zu entschärfen. Bevor man jedoch an eine gezielte Ausbringung des Materials denken kann, müssen mögliche negative Konsequenzen untersucht werden - und genau das tut Hood-Nowotny. Mithilfe stabiler Isotope will sie unter anderem den Einfluss von Biochar sowohl auf den Kohlenstoff- als auch auf den Stickstoff-Zyklus des Bodens untersuchen. Ihre Versuche zielen zwar vor allem auf europäische Böden ab, doch aufgrund des recht geringen technischen Aufwandes würde sich die Biokohle auch für einen Einsatz in der Dritten Welt hervorragend eignen, immer vorausgesetzt, es treten keine unerwünschten Nebenwirkungen auf. (Susanne Strnadl /DER STANDARD, Printausgabe, 16.06.2010)